Freitag

Überlebt der Euro das Jahr 2011?

Wolfgang Münchau wagt ein zögerliches "ja, aber" in FT.com am 29.12. und fragt zu welchem Preis. Die Liquiditätskrisen der PIIGS werden sicher bestehn bleiben. In den PIIGS wird es zu Verwerfungen
kommen, weil so strenge Sparprogramme gefahren werden müssen wie noch nie seit den 30er Jahren. So wird der Euro ein ständiger Faktor der Instabilität bleiben.





Münchau blickt auf den Euro unter Aspekten des Risiko-Managements. Leute die PIIGS-Anleihen gekauft haben, sehen zwei Gefahren vor ihren Augen: Den Untergang des Euro oder der Bankrott der PIIGS.


Risiko-Wahrnehmungen können sich sehr rasch ändern. Zehn Jahre lang haben sich die Investoren kaum um das Euro-Risiko gekümmert und keine Kredit-Ausfallversicherungen abgeschlossen. Sie haben alle Euro-Länder gleich eingeschätzt.
Nun hat sich das grundlegend geändert. 


2010 war kein SpekulantInnen-Angriff gegen den Euro, wie es uns die EU-PolitikerInnen zu suggerieren versuchen, sondern eine ganz normale Reaktion auf eine geänderte Risiko-Wahrnehmung. Smarte Investoren haben verstanden, dass die Verbindung hoher Staatsschulden, hoher Zinsen und geringem Wachstum das Risiko von Staatsbankrotten dramatisch ansteigen lässt. Da gibt´s für Investoren nur eins: Aussteigen und in weniger riskante Anleihen von Ländern investieren, die mehr Zinserträge bieten und weit entfernt vom Bankrott stehen wie z.B. Polen oder die Türkei.


Auch der Glaube an "Wachstum" führt in die Irre. Die PIIGS haben ein Wettbewerbsproblem und das macht die dortige Krise so verhängnisvoll.


Bleibt der EFSF. Der leiht Irland Geld zu einem Zinssatz von 6%, höher als wie die Wachstumsrate des Landes auf Jahre hinaus sein wird. Diese Kredite helfen zwar beim Liquiditätsproblem Irlands, machen aber das langfristige latente Insolvenzproblem Irland nur umso grösser. Also frei nach den berüchtigten 
Inseraten unseriöser Kreditanbieter: "Schnelles Geld gefällig? Ohne Nachfragen!"


Münchau rechnet damit, dass Portugal als nächstes Land den EFSF anzapfen muss. Spanien kann einer Zahlungsunfähigkeit vielleicht gerade noch entkommen, wird aber in eine immense und lange Rezession rutschen und wenn der Zinssatz 
irgendwann mal 6 oder mehr Prozent erreicht, wird sich auch für Spanien das Insolvenzproblem stellen.


Die Risiken für Italien und Belgien sind politischer Natur. Die Wahrscheinlichkeit notwendige Reformen durchzuführen ist bei dem instabilen politischen System Italiens sehr niedrig. Belgien versinkt immer mehr ins politische Chaos und hat einen nicht gesunden Bankensektor.


Krisen zu begegnen, die über Portugal hinausgehen, ist ohne eine Ausweitung des Umfanges und Interventions-Mechanismus des EFSF nicht möglich. Am Ende könnte eine Transferunion stehen, in der nur noch Frankreich und Deutschland als Kreditgeber übrig bleiben - kein nachhaltiges Euro-Modell. Beide Länder müssten alle PIIGS-Schulden alleine bezahlen oder selber Bankrott  anmelden. 


Im auslaufenden Jahr haben die politischen FührerInnen der EU gebetsmühlenhaft  immer wieder beteuert, sie würden den Euro retten, "koste es was es wolle". Das Problem bei diesem Schwur: 
Sie haben nie erklärt, was das eigentlich konkret bedeutet. Das Neue Jahr könnte die Wahrheit bringen. 

Mittwoch

Gestatten: Ungarn - wir schaffen die

Kaufen, kaufen, kaufen - die EZB wird immer nervöser




Immer schwieriger wird es für die PIGS, sich am Geldmarkt zu refinanzieren. Immer mehr muss die EZB Anleihen aufkaufen, damit die finanzielle Situation der PIGS nicht völlig aus der Kontrolle gerät. Ein heisser Januar auf den Finanzmärkten steht bevor.

Dienstag

Euro: Sylvesterkrise - Neujahrskrise

Financial Times FT.com

Die Europäische Zentralbank stellt sich auf eine Verschärfung
der Euro-Krise ein: S
ie verdoppelte nahezu ihre Einkäufe
binnen einer Woche. Kein 
guter Jahresanfang.  

(mehr dazu von Ralph Atkins in der gestrigen FT.com)

Montag

Sarrazin und der einfache Mensch auf der Strasse

Stolz zählt der ehemalige Senator in der FAZ vom 24.12.10 seine Begegnungen als neuer Starautor auf: 




  • Eine junge Inderin: Er habe völlig recht.

  • Ein türkischer Taxifahrer: "Gut gemacht"
  • Eine junge DB-Zugbegleiterin, die Sarrazin als Dank für sein Buch einen Kaffe ausgibt.
  • Der junge Jurist aus dem Iran, der Sarrazins Buch signiert haben möchte.
  • Die Lehrerin in Kreuzberg: Es sei genauso wie S. es beschrieben habe.
  • Der Hauptschullehrer aus Mainz: Es werde immer schlimmer.
  • Die Berufsberaterin in der Arbeitsagentur: Sie könne alles bestätigen.


Amtlich: Pleitensanierung Griechenlands war illegal

Laut FAZ vom 24.12.10 hat die französische Finanzministerin endlich zugegeben, was schon früher aufmerksamen Betrachtern klar war: 



Die Sanierung des PIGS-Landes Griechenland, ja der ganze PIIGS-Rettungsschirm ist illegal. Beides verstösst gegen die Europäischen Verträge. Freimütig räumt Lagarde den eindeutigen Rechtsbruch von Merkel, Sarkozy ein mit der läppischen Begründung: "Griechenland, das ist Euroland, das ist der Euro". Ja, wenn  man den Euro nur noch mit Gangstermethoden erhalten kann, sollte er schleunigst abgeschafft werden.  
(aus dem Intercity gebloggt)

Januar = Kälteschock für die PIIGS

Noch hat das Neue Jahr nicht angefangen, da geht´s los mit den schwarzen Nachrichten: 

  • Neuer Rekordwert für Versicherungen gegen einen Zahlungsausfall Griechenlands an Heilig Abend.
  • In der griechischen Presse munkelt man über Insolvenzverfahren in Athen.
  • Ratingagentur stuft Kreditwürdigkeit Portugals herab und äussert sich erneut negativ über Griechenland. 



Und die Zeitbombe tickt weiter: Ab Januar müssen Länder, Finanzinstitute und Firmen zusammen rund 2400 Mrd. Euro Anleihen aufnehmen – fast 40 Prozent mehr als in diesem Jahr. 


Allein die fünf PIIGS Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien müssen im kommenden Jahr zusammen rund 258 Mrd. Euro an Verbindlichkeiten refinanzieren.


Quelle: FTD 27.12.10 online




„Im Januar nimmt der Druck der Märkte wieder zu“, sagt der Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Er prognostiziert, dass nach Irland auch Portugal auf die Hilfe der EU und des IWF zurückgreifen muss. „Irgendwann wäre es wohl sowieso fällig. Man
könnte eine Hängepartie abkürzen“,
sagte Mayer in dem Interview. „Ohne eine Umschuldung dürfte zumindest Griechenland
seine Schuldenlast kaum senken können“, so Mayer weiter.


Die griechische Tageszeitung „Ta Nea“ hatte am Donnerstag gemeldet, Griechenland habe der EU sowie der Europäischen Zentralbank inoffiziell eine Umschuldung der griechischer Staatsanleihen
vorgeschlagen.


(Quelle: Christian Kirchner in der heutigen FTD online)

Ist Ungarn noch europäisch?

PM Orban

In der online Ausgabe der heutigen FTD werden Einzelheiten des undemokratischen neuen Pressegesetzes der ungarischen Regierung bekannt: 



Künftig werden alle Zeitungen, Radio- und Fernsehsender sowie Internetportale einer staatlichen
Aufsichtsbehörde unterstellt. Diese wird von Lakeien der herrschenden Regierungs-Partei geleitet und kann bei unliebsamer Berichterstattung Strafen erteilen.
Die Höhe dieser Bußgelder kann für Medien
existenzbedrohend sein. Journalisten können sogar
zur Offenlegung ihrer Quellen gezwungen werden, eine eklatante Bedrohung der Pressefreiheit.

Donnerstag

Von den PIGS die Donau abwärts




Die Bonitäts-Abstufungen von Europa-Ländern durch die internationalen Rating-Agenturen geht weiter. Die  Bonität Ungarns sinkt und die Kreditwürdigkeit Sloweniens wird zum ersten mal als "negativ" eingestuft
(FTD-Newsupdate heute 17 Uhr)

Alarm: Pressefreiheit in Ungarn bedroht

Das neue ungarische Mediengesetz, das am 1. Januar in Kraft treten soll, bedroht massiv die Unabhängigkeit der ungarischen Presse: Die Medien sollen der Kontrolle eines neuen Medienrates unterworfen werden, dessen Mitglieder von der Regierung eingesetzt werden. Der Medienrat kann bis zu 2 Millionen Dollar Bußgelder gegen für ihn nicht akzeptable Publikationen verhängen und somit massiv in die Berichterstattung eingreifen. Besonders Enthüllungsjournalismus investigativer JournalistInnen ist in Gefahr. 



Dieser Anschlag auf die ungarische Pressefreiheit korrespondiert mit der Policy der ungarischen Nachrichtenagentur. Der dortige neue Chef baut gerade ein neues News-Center auf, dessen Mission nach seinen Worten die Loyalität gegenüber der Regierung sein soll. 


Gegen die ungarischen Pläne zur Gängelei der Medien formiert sich erheblicher parteienübergreifender Widerstand im europäischen Parlament, der bis zu Forderung geht, Ungarn wegen Verletzung der EU-Grundrechtscharta das Stimmrecht in der EU zu entziehen. Das wäre für Ungarn extrem peinlich, weil es ab 1. Januar die Ratspräsidentschaft übernimmt.


Wer den Widerstand gegen Ungarns Angriff auf die Freiheit der Presse unterstützen möchte, kann dies mit emails an die Europa-Abgeordneten Martin Schulz, Daniel Cohn-Bendit und Alexander Alvaro tun.


(Referenz: FTD von heute)

Mittwoch

Die Regierung verplappert sich: Deutsche Banken in Irland massiv gefährdet

Regierungssrpecher Seibert

Durch einen Patzer des deutschen Regierungssprechers kam jetzt heraus, dass die deutschen Geldinstitute mit ihren umfangreichen Krediten im bankrotten Irland viel gefährdeter sind, als man es den BürgerInnen bisher gesagt hat. 
"Irland-Krise und kein Ende" titelt also zurecht das Handelblatt in seiner Ausgabe vorgestern, damit auf die Gefahr des Domino-Effektes in der Euro-Schuldenzone hinweisend, der schon von mehreren Finanzanalytikern angekündigt worden ist. Wenn auch deutsche Banken in den irischen Kollaps hineingezogen werden, hilft auch der grösste Mega-Hilfsschirm nicht mehr. 


Für Irland selber stehen die Prognosen auf Sturm: Moody´s hat die Bonität des Landes erneut heruntergestuft und plaziert es nur noch knapp oberhalb des sog. "Junk-Status", auf den normalerweise nur Staaten mit horrender Inflation und Schuldenstand z.B. in Südamerika stehen. Die irische Immobilienblase hat sich drastisch geplatzt; jeder 10. irische Immobilienkredit hat bereits jetzt einen Zahlungsrückstand von drei Monaten und mehr. Ein Ende ist nicht abzusehen. 


Düster menetekeln die Analysten, ob die spanischen Geldhäuser vielleicht die gleichen massiven Liquiditätsproblemen wie die irischen haben. In diesem Fall wird eine Euro-Talfahrt einsetzen, vor der die griechischen und irischen Stationen fast niedlich aussehen.  

Morgen kommt der China-Mann, kommt mit seinen Gaben





Wie groß muß die Verzweiflung in Euroland schon sein, wenn man fast kniefällig sich hierzulande bedankt, dass nun der große Bruder aus dem Osten das sinkende Euro-Schiff retten will. Als ob das die Rettung wäre. China hat ja früher schon Griechenland und Portugal huldvoll mit dem Geldsack gewunken, ohne dass das dort irgend was verbessert hätte. Wenn die Chinesen sich wirklich als Käufer bei den PIGS betätigt hätten, hätten sich deren Spreads nicht so fatal entwickelt wie jetzt. Aber wenn der Euro erstmal von China abhängig sein wird, dann hat er auch keine Überlebenschance mehr. Man kann den Chinesen dankbar sein, wenn sie gerade mal keine Portugiesischen Anleihen verkaufen - eine großartige 

Währenddessen überlegt Moody’s Portugals Bonität erneut herabzustufen: Kein Glauben hat die Ratingagentur in die Nachhaltigkeit der portugiesischen Wirtschaft und Zweifel ob sich Portugal überhaupt am Kapitalmarkt refinanzieren kann. Immerhin: Portugal braucht 4,5 Milliarden Euro jetzt und im Juni nochmal 5 Milliarden Euro, um nicht pleite zu gehen. 

Wolfgang Münchau, FTD, sieht die FDP in einer dramatischen Existenzkrise, noch dramatischer als der Verfall der SPD. Ohne klare FDP-Definition was Liberalismus in der gegenwärtigen Krise sein soll, gibts für diese Partei keine Zukunft. 

Interessant zu sehen, wie die internationalen Spekulanten von der Eurokrise profitieren. Nicht indem sie Anleihen zurückfahren, sondern den  Euro selber. Lieber investieren sie z.B. in Australische Dollar, weil die australische Zentralbank ihre Zinssätze sehr viel rascher als die EZB erhöhen wird. 

(Referenz: Eurointelligence News Briefing von heute)

Aufklärung nur off-line?

Rezension von:
Martha C. Nussbaum "Not for Profit. Why Democracy Needs the Humanities. 
Princeton University Press 2010, 158 Seiten, 17.95 Euro



Martha Nussbaum kommt als Predigerin in der Wüste einher. Die Wüste, das ist unsere merkantile Welt mit ihrer Profitgier, ihrem Utilitarimus, dem Immer Mehr Haben Wollen. Halt, ruft die Autorin, manchmal beschwörend, manchmal verzweifelt, aber immer mit redlichem Edelmut. Man bewundert die Geduld von Nussbaum, denn das, wogegen sie anschreibt, manchmal regelrecht anrennt, dominiert ja die kapitalistischen Gesellschaften des 21. Jahrhundert: Karrierebewußte Eltern sorgen sich darum, dass ihre Kinder nicht zu viel Firlefanz wie alte Sprachen, Musik, Literatur, Philosophie unterrichtet bekommen. Trendige Manager halten von Sabbatjahren, Kultur und den Humanities überhaupt nichts, solche abwegigen Pfade stören nur die Umsatzsteigerung. 


Und da segelt nun Nussbaum auf ihrem idealistischen kleinen Überzeugungsboot, setzt ihre Segel mit Appellen, seufzt und schimpft mitunter wenn ihr der Neo-Merkantilismus ins Gesicht bläst. Man bewundert den aufrechten Gang dieser Autorin, oder sollte man besser sagen: Heldin. Allein gegen den Rest der Welt scheint ihr Motto zu sein und manchmal nimmt ihre Frontstellung schon Don Quichotte´sche Züge an. Denn gegen die Krake Marktorientierung ist schwer anzukommen. 


Dankenswerterweise sind die Humanities für Nussbaum keine l´art pour l´art, sondern wichtige Elemente im demokratischen Gemeinwesen. "The crisis is facing us, but we have not yet faced it", stellt Nussbaum mit Sorge fest, also will sie uns wach machen, aufrütteln: Vergesst den Tanz um das goldene Kalb der Eignungstests, assessement centers, Evaluationszwänge. Amerika ist besser als das alles, hat tiefere Werte. 


Leider übersieht Nussbaum, auch wenn sie natürlich den Text der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung voll verinnerlicht hat, dass 

"Life, liberty and the pursuit of happiness" nicht nur hehre idealistische Normen sind, sondern handfeste Wirtschaftsinteressen indizieren.


Nussbaum zieht alle Register aufgeklärter Erziehung und holt Denker wie Fröbel, Pestalozzi, Tagore heran, aber ob das die/den LeserIn im Zeitalter des Web wirklich überzeugt? Es ist ja überhaupt ein bemerkenswertes feature dieses Buches, dass die Autorin - sonst absolut auf der Höhe ihrer Zeit - mit keinem Wort das Internet erwähnt. Kein Wort zu den neuen Social Media wie Facebook, Blogging, Twitter. Ihr Engangement für mehr kritische politische Bildung sei der Autorin unbenommen, aber die Art und Weise wie wir uns schon seit Jahren anders als früher, nämlich hauptsächlich online bilden und informieren reflektiert sie überhaupt nicht. Deshalb bleiben ihre Argumentationsstränge schwach und nicht überzeugend, und der Rezensent kehrt letztlich doch wieder zu dem Slogan "It´s the economy, stupid" zurück. Auch eine Auseinandersetzung Nussbaums mit dem systemtheoretischen Paradigma von Niklas Luhmann, z.B. "Das Erziehungssystem der Gesellschaft" hätte in diesem Buch nicht fehlen dürfen.  


Richtig ärgerlich ist die anscheinend selbst im Jahr 2010 noch ungerübte Obamania der Autorin auf S. 136-137. Nichts gelernt aus dem Abstieg des bei der Wahl als wahre Lichtgestalt hochgestylten Präsidenten? Seine nur mit Hängen und Würgen durchgepeitschte Gesundheitreform, die jetzt vom Verfassungsgericht die rote Karte gezeigt bekommt? Sein Einknicken vor der völkerrechtswidrigen Siedlungsexpansion Israels? Die angesichts der Truppenaufstockung in Afghanistan völlig abwegige Wahl zum "Friedens"nobelpreisträger? Hier hätte der Autorin etwas mehr eigene persönliche Bildung und Aufklärung not getan.  

Tief, tiefer, FDP

FTD 22.12.10 online Ausgabe

Dienstag

Winteranfang: China hilf uns bitte

In der heutigen FT wird aufgrund Aussagen hochrangiger chinesischer Wirtschaftsbeamter berichtet, dass China den PIGS finanziell unter die Arme greifen will. Also - die Rettung kommt von da, wo die Sonne aufgeht. Und das am Tag, wo sie bei uns astronomisch am tiefsten steht. Wenn das keine gute Meldung ist.

Endlich: Der Markt kommt bei den Apotheken an

Erst hat der online-Handel dem Apothekenmonopol die rote Karte gezeigt. Jetzt gehts weiter. Endlich fallen die Medikamentenpreise und damit auch die überzogenen Gewinnspannen im Medikamentengroßhandel. Da merkt man erstmal was für grandiosen Profite in dieser Branche bisher gemacht worden sind. Damit ist es nun glücklicherweise Schluß, Rösler sei Dank. Übernächstes Jahre soll es 

deswegen glatt 5000 Apotheken weniger geben. Na ja, wenn man bedenkt, dass in vielen Städten im Umkreis von wenigen hundert Metern drei bis vier Apotheken konkurrieren, da fasst man sich schon an den Kopf. Natürlich geht bei denen jetzt das große Gejammere los, wo die satte Gewinne über Jahrzehnte lang garantiert waren. "Da kann ich den Apothekern nur sagen: Willkommen in der Marktwirtschaft" (R.Ziegenbein von der International School of Managemen)
(Referenz: FTD online-Ausgabe von heute)

Montag

Irland, Portugal, Griechenland - schon von den Investoren abgeschrieben


Der weltgrößte Anleiheninvestor Pimco schlägt Alarm. Pimco befürchtet das Ende von Euroland. Der Anleiheinvestor gibt Griechenland,
Irland und Portugal praktisch verloren. 

Er rät den drei Ländern,
zumindest zeitweise auf den Euro zu verzichten. „Die Politik darf nicht länger die Augen vor einer Staatspleite verschließen“, sagt Andrew Bosomworth, Leiter des Portfoliomanagements der Allianz- Tochter in München. Für Bosomworth ist der Zusammenbruch der Währungsunion und damit des Euro keine irrealistische Prognose mehr, weil das Krisenmanagement in Bruxelles viel zu spät eingesetzt hat. Deshalb rechne B. mit weiteren Spannungen an den Finanzmärkten im neuen Jahr. Um die Schuldenprobleme dauerhaft zu lösen, hält Bosomworth einen vorübergehenden Austritt von Griechenland, Irland und Portugal aus der Währungsunion für notwendig. Er geht nicht davon aus, dass es diesen Ländern gelingt, innerhalb des Euro zu wachsen und gleichzeitig ihren Haushalt zu entlasten. 
Referenz: FTD Newsupdate heute 17 Uhr

Samstag

Bundeswehr: Desorientiert, Führungslos, Ziellos - der Baron spricht es endlich aus

Ralf Zielonka ist stellvertretender Landesvorsitzender Nordrhein-Westfalen im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr. Von Zeit zu Zeit schreibt er erfrischenden Klartext in www.geopowers com, wie zum Beispiel vorgestern. 

O-Ton des Bundeswehrministers am 26.5.2010:
„Bis heute gibt es keine für die Leitung des Hauses nutzbare Fähigkeitslage. Ich verfüge über kein durchgängiges Lagebild zum Zielerreichungsgrad der beabsichtigten Fähigkeiten in den Fähigkeitskategorien. Damit sind Entscheidungen immer Einzelentscheidungen, die nicht auf einer bundeswehrgemeinsamen Bewertung beruhen.“

Da schüttelt nicht nur der Fachmann Zielonka seinen Kopf, sondern auch wir, die wir solches führungsloses Chaos, was sich Bundeswehr nennt, Jahr für Jahr teuer bezahlen müssen und stimmen Zielonkas Kommentar voll zu:

"Der Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt (IBUK) also ohne Fähigkeitslage. Die Frage drängt sich auf: Wie soll man dann überhaupt eine Armee führen? Wie haben seine Vorgänger geführt? Aus dem Bauch heraus?" 

Bruxelles > Mainhattan: Kein Anschluß unter dieser Nummer


Niklas Luhmann hätte still in sich hineingelächelt, wenn er die Kolumne im gestrigen online Newsupdate der FTD gelesen hätte:


"„Die Märkte“ hätten gerne einen Interpreten, eine einzige Ansage aus der Euroäischen Union. Pech, die gibt es nicht. Die Politik würde auch gerne mal bei „den Märkten“ anrufen und das ein oder andere diskutieren. Sie müssen ohne Telefonkontakt miteinander auskommen." 


Ich empfehle van Rompoy und Ackermann mal 24 Stunden vom Tagesgeschäft abzuschalten und in Klausur zu gehen. 


Pflichtlektüre an diesem Tag der Stille: 


Niklas Luhmann "Die Wirtschaft der Gesellschaft" und 
Niklas Luhmann: "Die Politik der Gesellschaft"


Am Abend wüssten sie genau, warum ihre Handys nicht funktionieren. 

Freitag

Merkels "Sieg" ein Sieg?

Wieder mal ein Beispiel, dass sich die Märkte n feuchten Kehricht um PolitikerInnen-Entscheidungen kümmern: Während die Eiserne Kanzlerin noch freudestrahlend vor die Presse tritt, wird Irlands Bonität gleich um glatte fünf Punkte degradiert - und das ist noch nicht das Ende. Und sofort weiten sich die Bonds-Spreads. 

Wie die PIGS sich nach den Entscheidungen des EU-Gipfel weiter finanzieren wollen, bleibt völlig unklar. 

Weiterhin - ironischerweise auch jetzt noch, wo die EZB ihr Kapital massiv erhöht (sehr risikoreich wie ein heutiger FAZ-Kommentar bemerkt), gerade weil sie mit der Zahlungsunfähigkeit der PIGS rechnet..., wehren sich die PIGS, ihre de facto Insolvenz einzugestehen, obwohl sie realistischerweise nicht dran vorbeikommen werden. Und obwohl es sozialpolitisch weitaus verantwortungsvoller wäre, die Insolvenzverfahren jetzt in die Wege zu leiten als in fünf Jahren.

(mehr dazu in Eurointelligence News Briefing von heute früh)

D-Mark oder Euro? Die wichtigsten Probleme bleiben so oder so

Der Chefökonom der FTD, Thomas Fricke, wägt in der heutigen FTD den Erhalt des Euro gegen die Wiedereinführung der D-Mark ab. So schlecht kommt die Euro-Währung dabei gar nicht weg. Aber nach sechs gut formulierten Gründen für den Euro, mach Fricke auf laissez-faire:


"7. bis 12. Grund, beim Euro zu bleiben: 


Außerdem gäb’s selbst ohne Euro (mit hoher
Wahrscheinlichkeit): Castortransporte,
Schneeverwehungen, volle Weihnachtsmärkte,
Guido Westerwelle, gelegentliches Herzrasen und Liebeskummer."

Die blau-gelbe Bedeutungslosigkeit

Quelle: FTD online von heute

Assange ist endlich frei


Ich bin gerührt: Der Wikileaks-Generator hat nur eine Auto-Stunde von meiner englischen Schule Asyl bekommen. Die winterliche Weihnachtslandschaft im schönen Suffolk wird ihm sicher gut tun. Erhol dich, Julian. 

Tausche 15 Silvio gegen eine Franc-Mark

Das ist eine der Überschriften, unter der die gestrige FTD seine vier Szenarien zur Zukunft bzw. Nicht-Zukunft des Euro stellt. Zwei Seiten lang humorvolle geistreiche Analysen, wie es mit dieser kranken Währung weitergehen wird. Als Appetit zum Lesen der ganzen Artikel, nachfolgend einige Bonmots, z.T. etwas vom Unbequemen Blogger aufgepeppt:


"Die Krise ist der Politik immer ein Schritt voraus"



In mehreren europäischen Ländern, auch in Deutschland, sind anti-europäische Parteien gegründet worden


"Irgendwas geht immer in Europa = bis 2015 verzehnfacht (!) die EU das Sanierungspaket für die PIIGS



Auf Wikileaks erscheinen Dokumente, wonach das Pekinger Zentralkomitee entschieden hat, massiv seine Euro-Reserven abzustoßen



Volksabstimmung in der EU: Drei Millionen Unterschriften für die Abschaffung des Euro


"Madame No" in Berlin versucht in noch innigerer Umarmung mit Sarkozy die "Eurosklerose" zu stoppen


Berlusconi feiert den Triumph seiner fünften Amtszeit: Der neue Süd-Euro wird "Silvio" heissen.

"Schmeißt die Südländer raus" skandieren neu gegründete Anti-Euro-Bewegungen wie "Pro Gulden" in den Niederlanden und "Volkes Stimme" unter der Führung von Henkel und Sarrazin in Deutschland. 

Der Handel mit Wetten auf den Kurs der wieder eingeführten D-Mark ist der große Renner, an dem die Spekulanten Millionen verdienen. Damit können sie sich locker einen billigen Urlaub im Land der "Nea Drachma" leisten. Ein knappes Dutzend früherer Euro-Länder haben wieder eigene Währungen eingeführt.

Merkel zu Papandreous Erpressung, den Euro zu verlassen: "Dann geh doch". Was sie nicht weiß: China hat Hellas 20 Milliarden Dollar geliehen und in Peking werden die Geldscheine für den Neuen Drachme gedruckt. 

Der Euro fällt unter ein Dollar. Kauder forder den Austritt aller PIIGS aus dem Euro. Schäuble tritt zurück. Die Bundesdruckerei kommt mit dem Drucken neuer D-Mark-Scheine kaum nach.

Donnerstag

Afghanistan-Krieg - sag Nein!

Gestern gab es in der Kirche, wo ich im Kirchenvorstand bin, ein Friedenskonzert. Es war meine Idee, nachdem ich erfahren hatte, dass zur gleichen Zeit der Kirchenkreis, die hiesige Stadt und ihre Garnison zu einem Militärkonzert in einer anderen Kirche am Ort eingeladen hatten.

Der Veranstalter hatte mich dafür zu einem kleinen Textbeitrag gebeten. 

Hier ist er:


"Wir sind das Volk!" 

Ein guter Satz. 

Ein wahrer Satz. 

So klar, dass er in unsere Verfassung aufgenommen werden sollte.

Im Zuge des Konflikts um den Stuttgarter Bahnhof fordern viele PolitikerInnen lautstark einen Volksentscheid. Da frage ich mich: Warum sind dieselben Leute, die das fordern, nicht ebenso engagiert für einen Volksentscheid über die deutsche Kriegsbeteiligung in Afghanistan?

Weil das Ergebnis eines solchen Volksentscheides angesichts der eindeutigen Ablehnung dieses Krieges durch unser Volk eindeutig wäre?

Sollen denn Volksentscheide nur nach taktischem Wahlkampfkalkül zwar in Stuttgart gemacht werden, aber nicht bei der deutschen Kriegs-Beteiligung in Afghanistan?  
Sie kennen vielleicht das Gedicht von Wolfgang Borchert “Sag Nein”, das er nach dem Zweiten Weltkrieg verfasst hat. Sie können sich das leicht ergoogeln. Es lohnt sich. Ein eindrückliches Manifest gegen den Krieg. Ich glaube, es ist im Sinne dieses engagierten Friedens-Dichters, wenn ich die Forderung in seinem Gedicht: “Sag Nein”, heute abend etwas aktualisiere:

Du Leserin der Zeitung, wenn du liest, dass Deutschland am Hindukusch verteidigt wird, dann gibt es nur eins: Sag Nein!

Du Berufsschüler, wenn sie dir eine tolle Karriere in Uniform verheissen, dann gibt es nur eins: Sag Nein!

Du Journalist, wenn du schreiben sollst, tote Zivilisten seien in einem Krieg nur “Kollaterale Schäden”, dann gibt es nur eins: Sag Nein!

Du Schuldirektor, wenn Jugendoffiziere in deine Klassen kommen wollen, dann gibt es nur eins: Sag Nein!

Du Bürgermeister, wenn militärische Kundgebungen im Stadion deiner Stadt stattfinden sollen, dann gibt es nur eins: Sag Nein!

Du Betriebsrat, wenn dir die Werksleitung vorschlägt, den Rüstungsexport zu steigern, dann gibt es nur eins: Sag Nein!


Liebe TeilnehmerInnen, ich denke, Wolfgang Borchert hätte sich über unser Friedenskonzert heute abend sehr gefreut. 

Und in seinem Sinne bin ich ganz sicher: Wenn wir alle immer wieder eindeutig und klar “Nein zum Krieg” sagen, wo immer wir leben und arbeiten, dann muss auch der Krieg in Afghanistan beendet werden.

Denn: Wir sind das Volk!

Denk ich an Europa in der Nacht (frei nach Heine)

Der Unbequeme Blogger könnte - auch nach Heine - titeln:


"Europa - ein Wintermärchen"


Zu dramatisiert?


Die Szenerie rund um den heutigen EU-Gipfel ist schon sehr farbig:


Merkel spult mit finsterer Miene lustlos ihr blasses 9-Punkte Programm für die sog. Euro-Krisenbewältigung im Bundestag ab


Rating-Agentur Moody überlegt, das Bonitäts-Rating für Spanien erneut runterzustufen


Generalstreik und Brände in Athen - bei den Protesten gegen das überfällige Sanierungsprogramm der griechischen Regierung wird ein ehemaliger Minister zusammengeschlagen


Die irische Regierung vor der Abwahl


Juncker gegen Merkel / Merkel gegen Steinmeier / Steinmeier gegen Schäuble - wer blickt hier noch durch?





Da ist es nur noch eine Fußnote, dass die FDP Westerwelle ("Klotz am Bein") klipp und klar verbietet, überhaupt noch in ihrem Wahlkampf aufzutreten, bevor die Partei völlig aus der deutschen Politik verschwindet.


Aber ermutigend, dass der MP von Estland treuherzig sagt: Wenn Deutschland eine Änderung des Vertrags von Lissabon braucht, dann müssen wir das beschließen. Also, es gibt doch noch überzeugte Europäer.