Montag
Irland - was passiert morgen?
Dementis helfen nicht mehr. Schon morgen muss Irland vielleicht den ESFS anzapfen, nachdem der Euro heute seine Talfahrt fortgesetzt hat. Auf psychologische Rücksichtnahme kann Irland nicht mehr rechnen, seitdem klar ist, dass es sich nicht mehr aus eigener Kraft finanziell befreien kann. Da helfen alle markigen Sprüche seines PM auch nix mehr. Und natürlich gibt es längst Gespräche zwischen Dublin und Bruxelles, um das Unvermeidlich zu operationalisieren. 60 Milliarden Euro werden es schon sein müssen, die wir Steuerzahler an die Insel abdrücken müssen, damit sie nicht völlig pleite geht. Gelähmt ist sie schon lange, aber jetzt greift der Domino-Effekt: Seit 14 Tagen gehen die Anleihenkurse der PIIGS auf rasante Talfahrt. Und niemand kann mehr ausschließen, dass die Panik der Anleger über die irischen Nahe-Bankrott-Zustände rasch auf die Anleihenmärkte der anderen PIIGS übergreift.
(Post basierend auf einen Artikel von André Kühnlenz im newsupdate der FTD am 15.11.10, 17h)
Das Ende des Euro - keine Katastrophe sondern Befreiung
Wer die Überlebensfähigkeit des Euro anzweifelt, wird oft als unsolidarisch gegenüber den europäischen Peripheriestaaten verschrien. Dass aber eine Rückkehr zu Einzelwährungen sowohl Deutschland und Frankreich wie auch den PIIGS gleichermaßen Vorteile bringen würde, wird dabei ausgeblendet. Christopher Smallwood vom Thinktank "Capital Economics" ist genau diesem Aspekt intensiver nachgegangen. Capital Economics hat dem "Unbequemen Blog" freundlicherweise seine Analyse kostenfrei zur Verfügung gestellt, der Smallwoods Thesen, die er im Juli diesen Jahres unter dem Titel "Warum die Euro-Zone auseinanderbrechen muß" aufgestellt hat, nachfolgend zusammenfasst.
Das drohende Auseinanderbrechen der Euro-Zone, das von vielen als eine Katastrophe gesehen wird, wäre stattdessen ein Tor zu neuem wirtschaftlichen Wachstum, nicht nur für die schwächeren Mitglieder der Zone, sondern für Europa als Ganzem. Zur Zeit gehen die PIIGS einer jahrzehntelangen wirtschaftlichen Depression und Deflation entgegen, wo doch die Befürworter des Euro die neue Währung als Garant für mehr Wirtschaftswohlstand empfohlen haben. Die massive Höhe des öffentlichen Schuldenstands in der Eurozone ist schon problematisch genug. Aber nun kommt noch der enorme Anstieg an Kosten und Preisen bei den PIIGS im Unterschied zu Frankreich und Deutschland hinzu. Damit können die PIIGS überhaupt nicht mehr mit den starken Euro-Länder konkurrieren, was zu ernormen Leistungsbilanz-Defiziten bei den PIIGS führt. Der Abbau der PIIGS-Staatsdefizite allein genügt aber nicht. Nur eine Deflation von Kosten und Preisen ist wirksam.
Das zweite Problem ist, dass sich Deutschland trotz seines riesigen Handelsüberschusses weigert, seine wirtschaftliche Binnen-Nachfrage zu steigern. So fällt die ganze Last der Anpassung auf die PIIGS. Solange die Euro-Zone weiterhin nach diesen Regeln funktioniert, wird es auf Jahre hinaus massive wirtschaftliche Probleme in der Euro-Zone geben.
Wenn sich die PIIGS jedoch vom Rest der Euro-Zone abkoppeln, würde der Wert die PIIGS-Währungen erheblich sinken, was ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern und ihnen Exportwachstum bringen würde. So würden sie ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten durch Wachstum, nicht durch wirtschaftliche Depression lösen können. Allerdings würde auch dann noch die Rest-Eurozone weiterhin von Deutschland beherrscht werden.
Aber wenn alle Länder wieder zu ihren nationalen Währungen zurückkehren, ist der wirtschaftliche Vorteil für Deutschland enorm. Die wiedereingeführte D-Mark wäre stark, Deutschland würde seinen massiven Handelsüberschuss abbauen, seine Binnennachfrage steigern und wäre nicht mehr verpflichtet die PIIGS zu sanieren. Deutschland würde einen eindrucksvollen Job-Markt mit sinkenden Preisen aufweisen. Statt seines großen Außenhandelsüberschusses, der dem deutschen Vebraucher keine Vorteile erbringt, würde dann der Lebensstandard der deutschen Haushalte erheblich steigen.
Nur die Wiedereinführung der D-Mark würde eine ausgeglichene deutsche Wirtschaft ergeben (die in der Euro-Zone unmöglich ist). Und Deutschlands Handelspartner würden wieder an Wirtschafts-Wachstum gewinnen, weil die neuen Wechselkurse ihnen Wettbewerbsvorteile erbringen und ihnen den großen deutschen Markt öffnen würden. Dies ist die beste Option für Europa. Aus Gründen der künftigen wirtschaftliche Gesundung und eines nachhaltigen Erfolges der Europäischen Union muss nach Christopher Smallwoods Argumentation die Euro-Zone beendet
Christopher Smallwood ist Mitarbeiter von "Capital Economics". Zuvor war er Group Economic Adviser bei Barclays plc and Economics Editor der Sunday Times.
Eurozone - quo vadis? Zwischenbilanz nach fünf Monaten
Der Blogger hält inne. Vor rund fünf Monaten hat er mit dem Unbequemen Blog begonnen. Damals aus Ärger, dass seine Kritik am unsolidarischen Sich-Einschmuggeln Griechenlands (mit Fälschungen seiner Wirtschafts-Statistiken und völlig unsoliden Stabilitäts-Versprechen) nicht in den mainstream Medien abgedruckt wurde. Wie gut, dass im Internet-Zeitalter jedeR seinE eigenerR JournalistIn sein kann. Was ist der Blogger damals beschimpft worden als Schwarzseher, Greece-Basher, Pessimist, der den anderen die Lust am Leben und fröhlichem Konsum-Tralala näme.
Ja, wenn Untern-Teppich-Kehren und Weggucken, Die Augen Verschließen und Nur die appeasement-Lokalzeitungen lesen zur informationellen Richtschnur wird, dann kann man natürlich unbequeme Wahrheiten nur als nationale Nestbeschmutzung bewerten. Aber so gings ja Tucholsky und Quidde früher auch. Jemand denunzierte mich sogar, ich sei "menschenverachtend" in meiner Kritik. Über so viel Ignoranz haben nicht nur ich, sondern viele andere Blog-LeserInnen auch ihre Köpfe geschüttelt. Das wird den Unbequemen Blog nicht aufhalten, konsequent und beharrlich gegen das Motto der berühmten drei Affen
vorzugehen, gegen das feige "Nichts hören, nichts sehen, nicht reden".
Soll der Blogger sich nun freuen oder traurig sein, dass in diesen Tagen seine Prognose eintritt, dass die Eurozone nur für wirtschaftliche Schönwetterperioden taugt, aber in einer Wirtschaftskrise zerbröselt? Nach Griechenland taumelt nun schon das 2. PIGS-Land in die Polypenarme des ESFS, und Portugal, Spanien, Italien - ja man spricht sogar schon von Belgien (siehe post hier im Unbequemen Blog) und UK - stehn bereits in der Bruxelles-Warteschlange. Und das alles von unseren Steuergeldern, wo hier die Krippenplätze fehlen, ein Kassenpatient zwei Monate auf einen Arztermin warten muss, und auf den Bahnhöfen immer mehr Arme sich mit Pfandflaschen-Sammeln am Leben halten müssen. Ist das noch das Sozialstaats-Gebot in unserer Verfassung, an das sich unsere PolitikerInnen, wenn sie das Grundgesetz noch ernst nähmen, eigentlich halten müssten?
Da kann der Blogger leider nur noch zynisch den alten Kölner Karnevalsreim zitieren:
"Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt?
Wer hat so viel Pinke-Pinke, wer hat soviel Geld?"
Was die Prognose des Unbequemen Blog, die genau das im Sommer vorausgesagt hat, was jetzt mit Irland passiert und demnächst noch mit den anderen PIGS passieren wird, mit Schwarzseherei oder Pessimismus zu tun hat, das mögen die nun 9000+ LeserInnen dieses Blogs selber beurteilen.
Irland ist k.o., will aber weiter boxen
Eurointelligence Daily Briefing vom 15.11.2010 behält kühlen analytischen Kopf im Wirrwarr der Irland-Krise, bei der übers Wochenende die Telefondrähte glühten und sich die Spekulationen überschlugen:
Noch will Irland die bittere Wahrheit seiner Pleite nicht einsehen, aber seine Kapitulation vor dem EFSF scheint unausweichlich. Noch will dieses Land nicht die bitteren Pillen schlucken, die der EFSF ihm aufoktroyieren wird, wenn es den Canossa-Gang nach Bruxelles gehen muss, wie z.B. ein massives Erhöhen seiner lächerlich niedrigen Körperschaftssteuer.
Aber für die finanzanalytischen insider und den BBC ist die Frage schon gar nicht mehr, ob Irland zum EFSF gehn muss, sondern nur noch wann - heute, morgen, nächste Woche? Bestimmt bis Ende November. Da wird es auch nicht helfen, dass Irland jetzt noch aus gekränkter Eitelkeit eine EFSF-Hilfe als nationale Rufschädigung ablehnt.
Was tönte der Leiter des EFSF, Klaus Regling noch vor knapp sechs Wochen: Es sei "unwahrscheinlich", dass in den kommenden Jahren ein Land einen Antrag auf EFSF-Finanzhilfe stellen würde. Ist da eigentlich der richtige Mann im richtigen Job?
Noch will Irland die bittere Wahrheit seiner Pleite nicht einsehen, aber seine Kapitulation vor dem EFSF scheint unausweichlich. Noch will dieses Land nicht die bitteren Pillen schlucken, die der EFSF ihm aufoktroyieren wird, wenn es den Canossa-Gang nach Bruxelles gehen muss, wie z.B. ein massives Erhöhen seiner lächerlich niedrigen Körperschaftssteuer.
Aber für die finanzanalytischen insider und den BBC ist die Frage schon gar nicht mehr, ob Irland zum EFSF gehn muss, sondern nur noch wann - heute, morgen, nächste Woche? Bestimmt bis Ende November. Da wird es auch nicht helfen, dass Irland jetzt noch aus gekränkter Eitelkeit eine EFSF-Hilfe als nationale Rufschädigung ablehnt.
Was tönte der Leiter des EFSF, Klaus Regling noch vor knapp sechs Wochen: Es sei "unwahrscheinlich", dass in den kommenden Jahren ein Land einen Antrag auf EFSF-Finanzhilfe stellen würde. Ist da eigentlich der richtige Mann im richtigen Job?
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