Montag

Verbrechen auf der US Air Force Base Ramstein

Am 17. Februar 2003 wurde der ägyptische Geistliche Abur Oman in Milano auf offener Strasse von CIA-Leuten gekidnapt und gewaltsam zum italienischen Militärflughafen Aviano gebracht. Von dort entführte ihn der CIA in einem eigens vom CIA dafür gecharterten Zivil-Flugzeug zum US-Stützpunkt nach Ramstein. In der einen Stunde Aufenthalt auf der AB Ramstein wurde Abur Oman schwer mißhandelt und anschliessend in einem Flugzeug von Ramstein weiter nach Cairo verbracht. 

Dieses Verbrechen leitete eines der Aufsehen erregendste Justizaktion in Milano ein. Jahrelang recherchierte der dortige Staatsanwalt Spataro in dieser Angelegenheit. Mit Hilfe einer großangelegten Aktion identifizierte er alle, über 10.000 Mobilfunk-Anrufe zwischen 11 und 13 Uhr am Tag der Entführung von Abu Omar in Milano. Aus diesen wiederum wurden die Telefonanrufe der CIA-Entführunsgruppe identifiziert. So gelang es Spataro 22 CIA-Agenten anzuklagen, die alle in Abwesenheit zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden. 

Im Rahmen seiner Ermittlungen fand Spataro auch heraus, dass die CIA-Täter in Italien intensive Kontakte zu Deutschland hatten. Das lag nicht nur an dem aus Täuschungsgründen eingelegte Zwischenstop in Ramstein, sondern hauptsächlich daran, dass diese CIA-Aktion von Deutschland als Operationsbasis gesteuert wurde. Die für Ramstein zuständige Staatsanwaltschaft in Zweibrücken kam jedoch, nicht zuletzt wegen der Weigerung der deutschen USAF-Stellen mit ihr zusammenzuarbeiten, über ein formelles Ermittlungsverfahren nicht hinaus, das bald wieder eingestellt wurde. 

Viele Jahre vergingen, und der Fall geriet in Vergessenheit. Neuen Auftrieb bekam er jetzt, als Wikileaks eine Depesche veröffentlichte, in der sich der stellvertretende US-Botschafter in Deutschland beim stv. Abteilungsleiter für Sicherheitspolitik im Auswärtigen Amt über die Aufklärungsbemühungen der deutschen Strafbehörden in einem anderen ähnlichen CIA-Entführungsfall mit dem Hinweis beschwerte, solche Ermittlungen hätten die USA bereits in Italien in Schwierigkeiten gebracht. Seine Referenz galt den Ermittlungen Spataros im Kidnapping-Fall von Abu Omar. 


Im Oktober letzten Jahres erschien nun ein über 300 Seiten dickes Buch "A Kidnapping in Milan" von Steve Hendricks, einem investigativen US-Journalisten, in dem der Autor minutiös den Entführungsfall dokumentiert. Damit ergab sich eine neue, sehr viel breitere Informationsbasis für weitere Recherchen des Bloggers, welche Verbrechen in diesem Zusammehang in Deutschland begangen wurden, wer die TäterInnen sind und wie man ihrer habhaft werden könnte. 

In einer Pressekonferenz am 14. Februar in Mainz präsentierte der Sprecher des GRÜNEN Landesverbandes für Rheinland-Pfalz zusammen mit dem Blogger und der früheren Mitarbeiterin bei der grünen Fraktion im Landtag, Dr. Ines Reich, die Ergebnisse:


  1. Abu Omar wurde in Ramstein schwer mißhandelt
  2. Nach Aussagen der Ermittlungsbehörden in Milano war Deutschland die Hauptoperationsbasis für den Entführungsfall
  3. Die Verbindungen des Kidnapping-Teams mit anderen CIA-Agenten in Deutschland ist durch Mobilfunk-Verkehrsdaten belegt.  Ausserdem haben einige der Täter ihre Leihwagen in Deutschland abgegeben.


Quintessenz der Pressekonferenz:
Mit der neuen Publikation von Hendricks und der Aufarbeitung das dort zusammengetragenen Materials plus Eigenrecherchen durch den Blogger ist ein Indizienstand erreicht, der die Wiederaufnahme des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Zweibrücken angezeigt sein lässt und auch Erfolg verspricht. Es ist nicht einzusehen, dass Deutschland nicht ein ebenso hohes Nivau an Ermittlungsarbeiten zur Aufklärung dieses Verbrechens aufwendet wie Staatsanwalt Spataro in Milano. Außerdem sollte der neugewählte rheinland-pfälzische Landtag im April einen Untersuchungsausschuß einsetzen, der auch die politischen Aspekte dieses Entführungsfalles behandelt, damit die Landesregierung in Mainz Konsequenzen überlegen kann, wie US-Behörden in Rheinland-Pfalz gezwungen werden können mit deutschen Untersuchungsbehörden zu kooperieren. Wie dies erfolgen kann ist Sache der Fachreferenten im Justiz- und Innenministerium. 

Eines steht jedenfalls fest: Einen rechtsfreien Raum, wo die deutsche Verfassung und das deutsche Strafrecht nicht gilt, darf es nirgendwo in Deutschland geben. 

Eine ausführliche Rezension des Buches von Hendricks erscheint demnächst auf diesem Blog.