Montag
Friedenspolitik - lokal und konkret
Nachdem sich die GRÜNEN mit ihrem Bielefelder Parteitag 1993 von ihrer früheren eindeutigen Anti-Kriegs-Position verabschiedet haben, ist in Deutschland nur noch die LINKE als Partei mit einem klaren Votum für Abrüstung und Entmilitarisierung übrig geblieben. Erfreulicherweise beschränkt sich das dort nicht auf unverbindliche Sonntagsreden, sondern der LINKE Kreisverband Nienburg/Weser (der Blogger hat dort auf Einladung zu diesem Thema referiert) leitet aus den allgemeinen friedenspolitischen Thesen des LINKEN Parteiprogramms sehr konkrete lokale Forderungen ab (laut Webseite des Kreisverbands):
Der Umbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee stösst auch im traditionell militärfreundlichen Landkreis Nienburg zunehmend auf Unverständnis und Widerstand. Als zentrale Forderungen der Linken zur Entmilitarisierung des Landkreises benennt das Programm die Auflösung des Eloka-Bataillons 912 und des Cimic-Zentrums in Langendamm. Es müsse ein umfassendes Konversionskonzept für den Standort erarbeitet werden. Des weiteren wird die Forderung nach einem Verzicht der Bundeswehr auf Nachwuchswerbung in Schulen und Berufsberatungszentren erhoben.
Auch die Werbung in der zivilen Öffentlichkeit, insbesondere auf Kinder- und Jugendseiten soll der Bundeswehr nicht mehr gestattet sein Die Linke fordert einen Verzicht von Sponsoring-Maßnahmen, Militärkonzerten auf öffentlichen Plätzen, in Theatern und sakralen Räumen. Als Alternative zur weiteren Militarisierung fordert die Linke eine zivilgesellschaftlich getragene, kommunal geförderte Friedensagentur, die die Durchführung örtlicher Friedensprojekte und die Beratung junger Menschen, die sich für internationale zivile Konfliktbearbeitung engagieren wollen, zur Aufgabe hat.
Solch Klartext tut gut angesichts der in den anderen Parteien üblichen durchweg blassen Positionen zu Abrüstung und Friedenspolitik.
"Verkauft mehr Waffen" - Wie der Leiter des FTD-Politikressort die Welt stabilisieren will
Der Blogger traut seinen Augen nicht, als er heute in der von ihm durchweg hoch geschätzten FTD vom 18.7.11 eine Kolumne von Andreas Theyssen auf Seite 24 liest, in der der Redakteur für den umstrittenen Panzerexport-Plan ins autoritäre Saudi-Arabien eintritt.
Theyssen argumentiert konfrontativ: Hier pragmatische Realpolitik - dort weltfremde Moral. Und überhaupt nützt es gar nichts - so Theyssen - wenn Deutschland keine Panzer exportiert, dann tun es halt andere. Das klingt so, als ob man auch einen Bankräuber bei seinen Bankraubplanungen am besten gleich gewähren lassen sollte, statt ihn daran zu hindern - denn wenn dieser die Bank nicht überfällt, dann tut es halt ein anderer.
Nein, Herr Theyssen es ist nicht "sinnvoll", autoritäre Herrscher mit exportierten Panzern zu unterstützen. Saudi-Arabien kann die Panzer, speziell den für diesen Export vorgesehene Type des Leopard, der ausdrücklich für Kampf in Städten ausgerüstet ist, bequem gegen mißliebige Demonstranten im eigenen Land einsetzen. Es kann die Panzer bei einem politischen Frontenwechsel zur Unterstützung solcher Mächte benutzen, gegen die sie eigentlich bei unserem Export gedacht sind. Und es kann sie selber wieder für höchst zweifelhafte Exporte verwenden, über die wir keine Kontrolle mehr haben.
Zwar sagt die UNESCO in ihrer Präambel zurecht "Kriege entstehen in den Köpfen der Menschen", aber Kriege können nur mit der entsprechenden "hardware" geplant werden. Und mit mehr Waffenproduktion steigt auch die Kriegsgefahr.
Wer so ordnungspolitisch argumentiert wie Theyssen muß eine lange Wunschliste haben, wohin ausser nach Saudi-Arabien auch noch Waffen zur "Stabilisierung" geliefert werden sollten. Wie wäre es mit Tschetschenien, Myanmar, Südsudan, Russland (Ordnunganspruch im Kaukasus), Simbabwe, China (Ordnunganspruch gegen Tibet)? In derselben FTD, in der Theyssen schreibt, wurde am 11.2.2011 auf Seite 13 eine bemerkenswerte Liste von Staaten veröffentlicht, die Unterdrückung ihrer Bevölkerungen gerne euphemistisch als "stabilisierende Maßnahme" tarnen. Und wenn Andreas Theyssen auch schon zur Zeit des Balkankrieges so argumentiert hätte wie heute, hätte er wohl ein Plädoyer für Waffenlieferungen zugunsten Milosevic schreiben müssen, bei dem doch die "Stabilisierung" im Kosovo und Bosnien sehr hoch im Kurs stand.
Schließlich: Was spricht eigentlich im Sinne von Theyssens dagegen, dass wir möglichst bald den Taliban in Afghanistan die richtigen Waffen liefern, denn die werden doch jetzt schon von Karsai und den USA als die kommenden Stabilitätsgaranten dieses Landes hofiert.
Die Argumentation, Waffenlieferungen wären für die Stabilität eines Landes oder einer Region förderlich, hat sich in so vielen historischen Fällen als gefährliche Illusion erwiesen, wir sollten nicht immer wieder von neuem darauf reinfallen. Und außerdem ist Andreas Theyssen ein aufmerksamer Blick in unsere Verfassung zu empfehlen: In Artikel 26 steht eindeutig, an welchen Kriterien sich deutsche Außenpolitik zu orientieren hat. Oder ist das Grundgesetz für Theyssen auch schon ein Anachronismus? Das hofft der Blogger nicht - zugunsten der FTD!
PolitikerInnen gegen Finanzmärkte - keine Chance
"Die Finanzminister offenbaren sich wieder einmal als ihr
schlimmster Feind. Ihre Verzögerungen, Kehrtwenden und Mehrdeutigkeiten hinterlassen an den Finanzmärkten den Eindruck, die Politiker wüssten nicht, was sie tun. Und was tun die Minister dagegen? Sie wechseln wieder einmal den Kurs – und machen damit alles nur noch schlimmer. Auf die Ankündigung der Ratingagenturen, die Beteiligung privater Schuldner als Zahlungsausfall zu werten, reagieren sie gereizt und schnell. Statt
aber nun das einzig Richtige zu tun – auf die Privatbeteiligung zu
verzichten –, haben die Minister sich stattdessen entschieden, ihren
Widerstand gegen eine Pleite Griechenlands aufgeben."
(Aus einer FTD-Kolumne von Melvyn Krauss, FTD von heute, S. 24)
schlimmster Feind. Ihre Verzögerungen, Kehrtwenden und Mehrdeutigkeiten hinterlassen an den Finanzmärkten den Eindruck, die Politiker wüssten nicht, was sie tun. Und was tun die Minister dagegen? Sie wechseln wieder einmal den Kurs – und machen damit alles nur noch schlimmer. Auf die Ankündigung der Ratingagenturen, die Beteiligung privater Schuldner als Zahlungsausfall zu werten, reagieren sie gereizt und schnell. Statt
aber nun das einzig Richtige zu tun – auf die Privatbeteiligung zu
verzichten –, haben die Minister sich stattdessen entschieden, ihren
Widerstand gegen eine Pleite Griechenlands aufgeben."
(Aus einer FTD-Kolumne von Melvyn Krauss, FTD von heute, S. 24)
Fondsmanager glauben nicht mehr an eine Hellas-Perspektive
Die Strategen führender Fondsanbieter geben das hoch verschuldete Griechenland verloren. Ihrer Ansicht nach wird ein mögliches zweites Rettungspaket der Euro-Länder einen Schuldenschnitt nur inauszögern, nicht aber verhindern.
(Ergebnis der Fondsmanager-Umfrage der FTD lt FTD von heute)
(Ergebnis der Fondsmanager-Umfrage der FTD lt FTD von heute)
Merkel - kommt immer zu spät und wird von den Finanzmärkten bestraft
„Merkel handelt regelmäßig mit einem halben Jahr bis zwei Jahren Verspätung“, sagt Jürgen Trittin. „Das hat man bei Irland und Griechenland gesehen.“
(Zitat aus FTD vom 18.7., S. 9)
(Zitat aus FTD vom 18.7., S. 9)
Gegen die Rating-Schelte: Die Agenturen sagen nichts als die Wahrheit
Europas größte Versicherung hat
die Arbeit der Ratingagenturen vertei-
digt. Die Überschuldung von Staaten sei
nicht den „bösen Ratingagenturen“
anzulasten, auf denen jetzt herumge-
prügelt werde: „Das Problem ist, dass
wir in vielen Ländern jahrelang über
unsere Verhältnisse gelebt haben“, sag-
te Allianz-Finanzvorstand Oliver Bäte.
Außerdem müsse keine Institution oder
Bank ihre EU-Staatsanleihen automa-
tisch verkaufen, nur weil eine Rating-
agentur ihre Bewertung senke. AP
(aus: FTD Heutiges Newsupdate von 17 Uhr)
die Arbeit der Ratingagenturen vertei-
digt. Die Überschuldung von Staaten sei
nicht den „bösen Ratingagenturen“
anzulasten, auf denen jetzt herumge-
prügelt werde: „Das Problem ist, dass
wir in vielen Ländern jahrelang über
unsere Verhältnisse gelebt haben“, sag-
te Allianz-Finanzvorstand Oliver Bäte.
Außerdem müsse keine Institution oder
Bank ihre EU-Staatsanleihen automa-
tisch verkaufen, nur weil eine Rating-
agentur ihre Bewertung senke. AP
(aus: FTD Heutiges Newsupdate von 17 Uhr)
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