FTD von heute:
Guttenberg muss weiter zittern
Universität will Plagiatsaffäre aufarbeiten // Lammert kritisiert Krisenmanagement // Minister nimmt im Bundestag Stellung
Thomas Steinmann und Timo Pache, Berlin
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Auch nach seinem weiteren Eingeständnis eigener
Fehler in der Plagiatsaffäre und trotz Rückendeckung
aus der Union muss Verteidigungsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) weiter um seine
politische Zukunft bangen. Bundestagspräsident
Norbert Lammert (CDU) kündigte gestern an, der
Ältestenrat des Bundestags werde sich mit dem Vorwurf
beschäftigen, wonach der Minister den Wissenschaftlichen
Dienst des Parlaments beim Verfassen
seiner Doktorarbeit missbraucht haben soll. Ungeachtet
von Guttenbergs Bitte, seinen Titel „zurückzunehmen“,
will auch die Universität Bayreuth die Plagiatsvorwürfe
weiter aufarbeiten.
Über ihren Sprecher begrüßte Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) Guttenbergs dauerhaften Verzicht
auf den Doktortitel. Die Opposition kritisierte
dagegen seine Begründung für die zahlreichen
übernommenen Textteile als unzureichend und verschärfte
ihre Rücktrittsforderungen. Guttenberg
habe wie kein anderer Politiker immer wieder von
Ehre und von Werten gesprochen, sagte SPD-Fraktionschef
Frank-Walter Steinmeier. „Gleichzeitig
hat er aber die Öffentlichkeit getäuscht über seine
Qualifikation“, fügt er hinzu.
Auch beim zweiten Anlauf ist Guttenberg und den
Spitzen von CDU und CSU, die beim Krisenmanagement
eng eingebunden waren, damit der erhoffte Befreiungsschlag
nicht gelungen. Auch wenn die Union
ihren Minister geschlossen stützt, droht ihm von
juristischer Seite weiterhin große Gefahr. Möglich
ist auch, dass sich die Bayreuther Staatsanwaltschaft
des Falles annimmt. Mehrere Anzeigen und Strafanträge
liegen ihr bereits vor.
Erstmals seit ihrem Beginn wird die Affäre heute
den Bundestag beschäftigen. In einer Fragestunde
soll Guttenberg erklären, wie es zu den teilweise seitenlangen
Übernahmen fremder Texte kommen
konnte, und ob er dabei auch den Wissenschaftlichen
Dienst des Parlaments in unzulässiger Weise genutzt
hat. Am Montagabend hatte der Minister zwar „gravierende
handwerkliche Fehler“ eingeräumt, eine bewusste
Täuschung aber ausgeschlossen.
Die Spitze der Unionsfraktion bemühte sich gestern,
die Debatte zu beenden, und verlangte eine
Rückkehr zur Sacharbeit. Guttenberg könne sich auf
die „Solidarität und Freundschaft“ der Fraktion verlassen,
sagte Fraktionschef Volker Kauder (CDU).
Dagegen warf Lammert dem Minister „Schlampigkeit“
vor und kritisierte dessen Krisenmanagement.
Auch CDU-Vorstandsmitglied Regina Görner forderte
von Guttenberg in der „taz“ Erklärungen dafür,
wie es zu den Fehlern kommen konnte. Der Präsident
der Universität Bayreuth, Rüdiger Bormann,
sagte, allein die Promotionskommission der Hochschule
entscheide über den Entzug des Doktortitels,
nicht der Antrag eines Absolventen.
Merkels Verteidigungsfall: Seite 11