Mittwoch

Rechtsgeschichte - kompetent dargestellt und spannend erzählt


Produkt-Information


Rezension von:
Uwe Wesel: Geschichte des Rechts in Europa. Von den Griechen bis zum Vertrag von Lissabon. C.H.Beck Verlag. 734 Seiten. 38 Euro


Bist du verrückt, sagten besorgte LeserInnen des Unbequemen Blogs als ich ihnen erzählte, dass ich ein rechtshistorisches Buch zur Rezension in meinem Blog erhalten hätte. Ich wußte, was sie meinen: Recht, Rechtsgeschichte, das klingt so ganz nach abstrakt, langweilig, staubtrocken. 


Um es gleich in einem prägnanten Urteil über dieses Buch zusammen zu fassen: Dieses eindrucksvolle Buch ist das genaue Gegenteil, nämlich flüssig geschrieben, spannend formuliert, geistreich, auch mal humorvoll. Jedenfalls nie langweilig und immer den Leser motivierend, weiter darin zu lesen. So vergehen die Lektüre der über 700, mit kompakten Informationen auf höchstem Niveau ausgestatteten Seiten wirklich "im Flug". 


Uwe Wesels Schreibstil ist eindrucksvoll prägnant. Kurze Sätze. Klare Aussagen. Ich hoffe, der Autor nimmt es als persönliches Lob - so ist es jedenfalls vom Rezensenten gedacht - wenn ich es so formuliere: SO wünschte man sich als juristischer Laie auch mal andere rechtsthematische Monographien...., die oft so lese-ungenießbar einherkommen.


Wesels monumentales Werk ist eigentlich eine Abhandlung für drei große Themenbereiche bzw. kann in dreifacher Weise gelesen werden: 



  1. Als Einführung ins juristische Denken
  2. Als Einführung in die europäische Geschichte
  3. Und - natürlich und last not least - als Einführung in die europäische Rechtsgeschichte



Unter welchen Aspekten auch immer man Wesel Buch liest, es ist immer ein Gewinn. Was dem Autor neben dem Monographischen auch gut gelungen ist: dass die Leserin immer wieder erkennt: Was sind besonders wichtige topoi in der Rechtsentwicklung (z.B. der Kontrast Sklave-Freier oder das Kategorienpaar Besitz-Eigentum). 


Auserdem hat Wesel die schöne Gabe, gute Zusammenfassungen zu schreiben, die nicht abstrakt-nichtssagend sind, sondern wirklich die Dinge klar und präzise auf den Punkt bringen. 


Für den Rezensenten war besonders Wesels Zusammenfasung des 19. Jahrhunderts (S. 425-450) und die des 20. Jahrhunderts (S. 535 ff) überzeugend und lesemässig ein hoher Genuß. Da präsentiert Wesel tatsächlich in knappen, aber pointierten und überzeugenden Sätzen eine Porträt von 200 Jahre europäischer Geschichte, die locker die Lektüre manch anderer ermüdender Monographien zum gleichen Thema ersetzen. Wenn man diese knapp 100 Seiten aufmerksam studiert hat, hat man wirklich einen tollen instruktiven Einblick in unsere Gegenwart. 

Hellaskrise? Kalter Kaffe. Bald geht´s jetzt Italien und Belgien an den Finanzkragen

FTD 30.11.10

Wolfgang Münchau (FTD): Warum die Euro-Zone zerbricht


Einige Zitate aus dem langen scharfsinnigen Artikel des FT- und FTD- Kolumnisten in der FTD von gestern - die Lektüre des ganzen Artikels ist jedem zu empfehlen, der nicht die Augen verschließen will, was gegenwärtig auf dem Spiel steht.


Der EU-Rettungsschirm kann die Insolvenz der Pigs-Staaten nicht verhindern. Tatsächlich machen die Hilfskredite alles nur schlimmer – sie bedrohen die Existenz der Währungsunion. 


Wir steuern in Europa auf einen Massenbankrott souveräner Staaten zu. Griechenland, Irland und Portugal werden irgendwann in den nächsten Jahren ihre Schulden nicht mehr bezahlen können. Dazu sind die Schuldenstände zu hoch, und das Wachstum ist zu gering. 


Auch die Kredite unter dem europäischen Rettungsschirm helfen da
nicht. Irland muss dafür Zinsen von 5,8 Prozent zahlen. Bei einem Realwachstum von minus zwei Prozent und fallenden Preisen beschleunigt das nur die Insolvenz. 


In Irland ist eine der gewaltigsten Immobilienblasen der modernen Geschichte geplatzt. Ebenso in Spanien.


Schon jetzt sehen wir, dass die Wachstumsprognosen für 2010 zu
optimistisch waren. Griechenland hat schon die erste Hürde gerissen. Die Europäische Kommission sagt, dass auch Spanien seine Ziele nicht erreichen wird. 


Die EU ist wie ein Hund, der seinen Schwanz jagt. Die Kommission sagt, er müsse schneller jagen.


Internationale Investoren sind oft irrational, aber nicht annähernd so
irrational wie Politiker angesichts einer Krise.


Mit projizierten Staatsschuldenständen von 100 bis 150 Prozent,
stagnierenden Wachstumsraten und steigenden Marktzinsen ist die Insolvenz dieser Länder nicht mehr aufzuhalten.


Es sind keine Spekulanten am Werk. Es gibt einfach niemanden mehr im Privatsektor, der zu den gegebenen Konditionen noch Staatsanleihen aus der europäischen Peripherie kauft. Und da die EU-Regierungen das Problem nicht lösen, sondern nur deckeln, verlieren die Investoren das Vertrauen.


Irgendwann werden Regierungen in den betroffenen Ländern erkennen, dass sie selbst beim besten Willen die Kurve einfach nicht mehr kriegen. 


In der Zwischenzeit steigen die Schuldenlasten der Staaten in der europäischen Peripherie, und es kommt am Ende zu einem Ausfall, der die Kreditgeber, allen voran Deutschland, sehr viel Geld kosten wird. Es wäre viel billiger, Griechenland und Irland jetzt in die Insolvenz zu schicken und das Geld für eine dann nötige Rekapitalisierung deutscher
Banken auszugeben. 


Es stellt sich die Wahl zwischen einem Schrecken ohne Ende – dem Verbleib im Euro-Raum mit geringem Wachstum und schwacher Wettbewerbsfähigkeit – und einem Ende mit Schrecken. Eine
Restrukturierung der Schulden, verbunden mit einer Abwertung, würde
innerhalb von zwei oder drei Jahren wieder zu positivem Wachstum führen. Bei Verbleib im Euro-Raum droht die ewige Krise.


Wenn wir nicht bald entschlossen handeln, erlebenwir in diesen Tagen und Wochen den Anfang vom Ende der EU selbst.

It can not happen here? It can!

FTD 1.12.10

"Schiffe versenken" das war mal - das neue Spiel heisst: "Staaten versenken"

Quelle: FTD 1.12.10

Hilfen für Spanien - die Helfer sind selber klamm

FTD 1.12.10

Die Banken haben uns alle in Geiselhaft


Gratulation. So muß PR für das Bankwesen sein: Dem Steuerzahler von der Politik Milliarden um Milliarden Euro abknöpfen lassen, um das als sogenannte solidarische Rettung der Pleiten-PIGS zu deklarieren, in Wahrheit aber damit die die Profitstabilität der Banken sichern. 


Und niemand stellt dieses Verfahren an den Pranger. "Die Gewinne werden privatisiert, die Verluste werden sozialisiert" - wie oft haben wir gehört, das sei nur infame marxistische Polemik. Aber genau das passiert durch Europas Banken seit dem Griechenland-Bankrott. 


Und die Banken setzen in ihrer unverschämten Gier auch noch eins drauf, beharren auf einer absurd niedrigen Eigenkapitalquote und gefährden dadurch in massiver Weise die Stabilität unseres Finanzsektors. 


Das kann auf die Dauer nicht gut gehen. Nur traurig, dass wieder mal der kleine Mann, Rentner, Hartz IV Empfänger und ehrlicher Steuerzahler die Zeche zahlen wird.

Nach den PIGS-Pleiten: Nun gerät auch Deutschland unter Druck


Das Rettungspaket für das in die Pleite geratene Irland hat die Märkte überhaupt nicht überzeugt. Risikoaufschläge und Kosten für Kreditausfallversicherungen stiegen auch gestern unaufhaltsam an. 


Zum ersten Mal geraten auch Euro-Kernländer in akuter Gefahr. Der Händler einer europäischen Großbank wird mit den Worten zitiert: „Die Investoren wollen im Moment nur noch raus aus Anleihen, sogar Papiere aus Frankreich und den Niederlanden werden abgestoßen“.


An die Rekordhöhen der Risikoaufschläge für spanische und italienische
Staatsanleihen hat man sich fatalerweise schon gewöhnt. Davor kann auch die spanische Regierung nicht mehr ihre Augen verschließen und muß ihre bisherige appeasement-Haltung aufgeben. Die Höhe, die die Zinskosten erreicht haben, die Spanien für seine Refinanzierung zahlen muß, nennt der spanische Wirtschaftsstaatssekretär nun "besorgniserregend". 


Dessen ungeachtet posaunt der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, fröhlich weiter, dass man „die Stabilität der Euro-Zone nicht ernsthaft infrage stellen“ dürfe. Und der sattsam für seine Arroganz bekannte Schweizer Bank-Chef der Deutschen Bank Josef Ackermann sekundiert fahrlässig mit den coolen Worten, die Probleme im Bankensektor seien „händelbar“. 


Die WählerInnen sollten sich diese Sätze gut merken, wenn der Euro-Offenbarungseid kommt und sie für das Mißmanagement der Krise gerade stehen müssen. 


Fakt ist, dass weder die Milliarden, die ins finanzmarode Irland gepumpt werden, noch der untaugliche Krisenmechanismus von Merkel die Märkte davon abhält, immer stärker auf das Ende des Euro zu spekulieren. 


Dazu knöpfen sie sich erstmal die nächsten Pleitenkandidaten vor, für dessen Sanierung wir demnächst zur Kasse gebeten werden: Portugal und Spanien. „Die Zahl der Investoren steigt, die solche Papiere zu keinem Preis anfassen wollen“, sagt Jim Read, Stratege der Deutschen Bank.


Aber gleichzeitig rückt die Euro-Krise nun auch gefährlich immer näher an Deutschland heran. In den letzten vierzehn Tagen sind die Kreditausfallversicherungen auf deutsche Staatsanleihen um mehr
als 50 Prozent angestiegen. „Die Euro-Zone verkommt
zur Transferunion, Deutschland trägt einen großen Teil der Last.
Investoren fragen sich daher zunehmend, ob die niedrigen Renditen deutscher Anleihen noch gerechtfertigt sind“, formuliert ein Bankenexperte die Stimmung der Märkte.
(Referenz: Frontseite der heutigen FTD)