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Pünktlich zum heutigen Euro-Krisengipfel in Bruxelles fasst Wolfgang Kirsch, der Chef der DZ-Bank, in seinem Gastkommentar im heutigen Handelsblatt auf Seite 56 nochmal alle sattsam bekannten Argumente für eine europäische Transferunion zusammen. Das gibt dem Blogger eine gute Gelegenheit sie konzis zu analysieren:
"Die Einheit Europas ist heute eine Notwendigkeit für alle" zitiert Wolfgang Kirsch Konrad Adenauer. Natürlich will kein Mensch in in die europäischen Perioden des 30jährigen Kriwges oder des 1. Weltkrieges. Aber eine solche Stabilität haben wir auch jahrzehntelang ohne den Euro erreicht.
Und kein Mensch lebte unglücklich als es vor dem Jahr 2000 noch den "währungspolitischen Flickenteppich" gabe, der anscheinend Kirsch ein Dorn im Auge ist. Bezeichnenderweise führt er für dessen Abschaffung auch nur Unternehmer-Argumente an: Kein Wechselkursrisiko und vereinfachter Zahlungsverkehr. Das will der Blogger gerne glauben, dass viele Firmen seit der Euro-Einfuhr bessere Gewinne machen können als zuvor. Für die BürgerInnen ist aber gegenüber der D-Mark-Zeit kein Vorteil herausgekommen, eher dass sie das Opfer von Preiserhöhungen wurden, weil sich solche unter dem Deckmantel der Währungsumstellung leichter und unbemerkter durchführen ließen.
Kirschs Modell des zukünftigen Europa ist eine Euro-Transferunion, also eine generelle Schulden-Haftungsgemeinschaft. Der Blogger hofft, dass ein solches Modell keine Mehrheiten in den Parlamenten und bei den WählerInnen findet, weil die PolitikerInnen es ihren BürgerInnen nicht verklickern können, warum Länder mit Inflationsbegrenzung, ausgeglichenem Haushalt und sparsamer Finanzpolitik die Schulden anderer Ländern, die ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik unter andere Kriterien stellen, bezahlen sollen.
Kirsch bemüht bei seinem Plädoyer für die Euro-Transferunion den deutschen Länderfinanzausgleich. Abgesehen davon, dass das bundesrepublikanische Finanzsystem viel härtere Regelungen und Sanktionen vorsieht, als die sog. "Auflagen", die Griechenland für seine Subventionierung gemacht werden - es ist doch eine politische Illusion dass Staaten wir Hellas, Irland, Portugal, Spanien, Belgien oder Italien jemals sich dazu bereit finden würden, eine Begrenzung ihrer Schuldenpolitik in ihre Verfassungen (!) aufzunehmen.
Spätestens in den Parlamenten der PIIGS würde Kirschs Plan grandios durchfallen. Hat Kirsch vergessen, wie das Projekt einer EU-Verfassung 2005 bereits grandios gescheitert ist und es danach nur mit mit knapper zum Ersatz des Lissaboner Abkommen kam? Kein/e PolitikerIn in Nord-Europa würde es doch heute wagen - bei einer Ablehnung des Euro in der europäischen Wählerschaft von inzwischen über 70% - nun auch noch eine neue Schuldentransfer-Union mit Verfassungsänderungen in 27 souveränen Staaten durchsetzen zu wollen, in der - so Kirschs Vorschlag - die PIIGS 60% ihrer Verschuldungen locker über Euro-Bonds finanzieren lassen können.
Was die aktuelle Krise Griechenlands betrifft: Es wäre ja schön, wenn sich - so der Wunsch Kirschs - dieses Land helfen lassen wollte. Aber ein Land, das über 4000 Toten jahrelang Renten auszahlt, in dem Steuerbetrug - von Papandreous selber zugegeben - ein Volkssport ist und dass sich seit Jahrzehnten die Kosten einer bizarren Hochrüstung und einer Mega-Armee leisten kann, braucht anscheinend keine Hilfe. Dann soll es aber auch extern ungestört seine eigene Wirtschaftspolitik machen, ohne dass wir es weiter mit sog. "Rettungs"paketen pampern, die doch nichts retten, sondern nur ein Faß ohne Boden sind. Griechenland hatte ein volles Jahrzehnt lang satten Nutzen aus seinem Beitritt zum Euro-Raum, den es sich wohlgemerkt - das ist inzwischen gut dokumentiert - mit manipulierten Statistiken und betrügerischen Informationen über seinen Finanz- und Wirtschaftsstatus erschlichen hat - das kann man an der superboomenden Bauindustrie in Hellas gut sehen.
Die Hoffnung Kirschs, dass sich Portugal und Griechenland selber helfen können, vermag der Blogger nicht nachzuvollziehen: die Refinanzierungs-Modelle, die mit den Subventionszahlungen an die PIGS einhergehen, gehen von völlig illusorischen Wirtschaftswachstums-Raten aus.
Wenn also die EU-Länderchefs heute nicht endlich aufwachen und auf einen drastischen haircut für Hellas oder auf eine geordnetes systematisches Insolvenzverfahren Griechenlands zugehen - das wäre politische "Führung", die Kirsch mit Recht in seiner Kolumne anmahnt - wird der Schaden des Scheiterns der EU grösser sein als der Nutzen ihres Aufbaus, und diese Politiker werden der so bemerkenswert bunten Allianz von Wahren Finnen, österreichischer/m und niederländischer FinanzministerIn, BILD-Zeitung, Hans-Werner Sinn u.a. voll in die Hände spielen.
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