Montag

Der kranke Mann am Tejo

Die Angst geht um rund um Portugal. Die Märkte sind total nervös. Allseits wird spekuliert, ob das Land überhaupt noch solvent ist. 



Nun engagiert sich die EZB. Die EZB-Banker „kaufen alles, was angeboten
wird“, wird die Händlerkulisse zitiert. Dennoch kostet es jetzt schon pralle 547.000 Euro, portugiesische Staatsanleihen im Wert von 10 Mio. Euro für ein Jahr
gegen einen Zahlungsausfall abzusichern.
Zum Vergleich: Die Absicherung deutscher Staatsanleihen im gleichen Wert kostet nur ein Zehntel, nämlich 59.100 Euro.


Ob die Sparpläne der portugiesischen Regierung die Finanzmärkte überzeugen, wird sich schon übermorgen zeigen, wenn die Regierung in Lissabon schon wieder frisches Geld aufnehmen muss. 
(Referenz: Heutiges FTD-Newsupdate 17 Uhr)

Vom Wahn glücklich sein zu müssen

Rezension von:
Barbara Ehrenreich "Smile or Die". 
Verlag Antje Kunstmann München 2010. 254 Seiten. 19.90 Euro


Produkt-Information


Barbara Ehrenreich macht Schluß mit dem Glücklichkeitswahn, der in unserer Zeit von den USA auch nach Europa übergeschwappt ist. 


Die Autorin geht aus von ihrer eigenen Krebserkrankungs-Geschichte, wo ihr die Schar der Glücklichseins-Gurus aus dem medizinischen und psychotherapeutischen Umfeld immer wieder eingehämmert haben: Mit positiver Einstellung schafft frau alles: Den richtigen Mann, die top Karriere und natürlich auch den Krebs zu besiegen. 


Etwas erinnert das den Unbequemen Blogger an Trainingsmantras, die auch noch das letzte aus einem Sportler rauskitzeln wollen, und wenn dessen Körper das nicht mehr hergeben nur noch mit wegwerfender Gebärde sagen: Ach was, alles nur eine Frage des Kopfes. 


Mit dieser, wie Ehrenreich am Schluß ihres Buches entlarvt: calvinistischen Einstellung räumt die Autorin gründlich auf. Und nicht nur als einer individuell-behavioristischen Attitüde - nein eine ganze Gesellschaft, unsere ganze Wirtschaft ist auf diesem Mantra aufgebaut. Eindrucksvoll, wie Ehrenreich immer neue Beispiele dafür präsentiert: in den Kirchen, am Arbeitsplatz, in den Illustrierten.


Eine schöne Buchmahnung vor unserer Brave New
World.


Wie hier schon vorausgesagt: Nun ist Portugal dran

Eurointelligence News Briefing titelt seine heutige Ausgabe treffend:


"Portugal and the EFSF: déjà vu all over again"


Reuters berichtet, dass die Rettungsgespräche nun auch für Portugal, das dritte PIIG, begonnen haben, nachdem die Finanzmärkte auch diesem Land nicht mehr über den Weg trauen. Der portugiesische PM leugnet natürlich jegliche Krise (wie vordem schon Hellas und Eire). 

Aber schon meldet sich der Oppositionführer zu Wort mit der Drohung, dass Socrates politische nicht überleben wird, wenn das Land an den Tropf des EFSF kommt. Und weil im Rahmen der EU offenbar nix mehr hilft, spielt das portugiesische Finanzministerium nun noch verzweifelt die chinesische Karte aus.

Portugal steht nicht nur als Land für sich an der Wand. Zunehmend verstärkt sich der Druck Spaniens auf Lissabon: Lieber heute als morgen möchte Madrid, dass Portugal endlich resigniert und beim EFSF anklopft, damit Spanien nicht selber durch einen Bankrott Portugals in einen Insolvenzstrudel gerissen wird, weil Spanien in Kürze auch Anleihen auf dem Finanzmarkt plazieren muss. Wie Italien übrigens auch. 

Wolfgang Münchau, der brilliante Kolumnist der FTD blickt in seinem gewohnten Scharfsinn schon weiter: Portugal ist für ihn schon als Bankrott-Kandidat abgehakt; als nächstes wird die Finanzkrise Belgien und Italien erreichen, denn Investoren mißtrauen unstabilen Regierungen wie in Bruxelles und Roma. Kein Wunder dass sich die Anleihebedingungen für beide Staaten kontinuierlich verschärfen.

Portugal: Anspruch und Wirklichkeit

Der portugiesische Politiker MP Sócrates: 
„Das ist das beste Signal des Vertrauens, das wir den internationalen Märkten geben können.“ 


Das Mißtrauen der internationalen Finanzmärkte: