Donnerstag

Retten um jeden Preis?



Die politische Ökonomik der "Eurorettung"


Das Fazit von Nicolas Afflatet:

"Die „Konkursverschleppung“ ist somit ein Ergebnis des politischen Systems, in dem unbequeme Entscheidungen vertagt und künftigen Regierungen durch Externalisierung aufgezwungen werden können. Damit wäre auch zu erklären, dass die deutsche Regierung die negativen Umfragewerte und die breite Ablehnung der Griechenlandhilfen durch die Wähler hinnehmen: Würden sie den Bankrott Griechenlands und das Scheitern des Euro verkünden, müssten sie sicherlich noch viel schlechtere Umfragewerte hinnehmen. Die Wahl der Alternativen ist also schlicht eine Frage der Opportunitätskosten. In der Zwischenzeit wird die Eurorettung immer teurer, ohne dass die Regierungen einer echten Lösung näherkämen. Dieses Spiel wird wohl so lange weitergetrieben werden, bis die Kapitalmärkte den Rettern harte Grenzen diktieren."

Schuldenrückkauf für noch mehr Schulden

Bildquelle: detektor.fm

Die politische Ökonomik der "Eurorettung"


Das Fazit von Henning Klodt vom Kieler Institut für Weltwirtschaft:

"Unter den gegebenen Bedingungen trägt der aktuelle Schuldenrückkauf also nichts dazu bei, die griechische Staatsschuldenkrise zu lösen. Er ebnet vielmehr den Boden dafür, weitere Schulden anzuhäufen. Ein Ende ist nicht in Sicht, solange die laufenden Ausgaben im Staatshaushalt die laufenden Einnahmen deutlich übersteigen. Profiteure des Schuldenrückkaufs sind in erster Linie Hedge Fonds, denen eigentlich niemand Hilfe angedeihen lassen wollte und die wohl auch nicht auf Hilfen angewiesen sind. Sie hatten viele der umlaufenden Staatsschuldtitel im Sommer 2012 am Sekundärmarkt für 20% ihres Nennwertes oder weniger erworben und haben sie jetzt für 35% bis 40% an die griechische Regierung verkauft – eine wahrlich stattliche Rendite. Wenn diese Verteilungseffekte des Schuldenrückkaufs transparenter wären, hätten die Regierungen vermutlich einige Mühe, ihren Steuerzahlern die Sinnhaftigkeit der jüngsten Hilfsmaßnahmen plausibel zu machen."

Geschichten vom guten Umgang mit der Welt


Harald Welzer / Stephan Rammler:
Der Futurzwei Zukunftsalmanach 2013
464 Seiten. 16.99 Euro. Fischer Taschenbuch Verlag. 

Dieses Buch redet im Indikativ. Angesichts von Klimawandel, peak energy, und Transportkollaps soll Schluss sein (sagen die Herausgeber) mit den üblichen Seufzern “man könnte, man sollte, man müsste”. Mit diesem Buch werden reale Geschichten des Gelingens dokumentiert. Das ist deshalb nötig laut Welzer/Rammler im Vorwort, weil sich zwar hier und dort ein Problembewußtsein für die dahinwuchernde Wachstumsgesellschaft entwickelt, aber keine Verhaltensänderung stattfindet. Statt dessen bringt jedes Jahr bringt wieder neue Rekorde an Emissionen, Ressourcenverbrauch und Müll. Jedes Jahr kaufen die Menschen mehr - wir sind die Generation, die in der Menschheitsgeschichte am meisten konsumiert.

Dagegen publizieren die Herausgeber mutmachende Erfolgsgeschichten, die uns aus dem Sog des “man kann ja doch nichts machen” befreien sollen. In seinem einleitenden Essay “Die Wiedergewinnung der Zukunft” macht Harald Welzer dankenswerterweise Schluß mit einigen Tabus: Mit dem Katastrophendenken (“fünf vor zwölf”) - so also ob alle Probleme sofort und überall gelöst werden könnten -  aber auch mit dem Irrglauben, eine Fortsetzung des bisherigen Lebensstils sei auch mit weniger Ressourcen möglich. Zukunft hat laut Welzer nur eine Welt, die weniger Produkte bereitstellt, dem Mobilitätswahn Grenzen setzt und mit der chronischen Allverfügbarkeit-Besessenheit (everywhere / anytime) Schluß macht. 



Harald Welzer
Harald Welzer
Bemerkenswerterweise formuliert Welzer das, was hauptsächlich notwendig ist für die Wende zum Besseren, nicht als ausgeklügeltes neues Wirtschaftssystem oder grünhochdrei-Technologien sondern als Achtsamkeit. Achtsamkeit weiß, dass das 21. Jahrhundert nicht mehr mit den Rezepten des 19. und 20. Jahrhundert erfolgreich sein kann. Achtsamkeit ist sensibel und änderungsinnovativ bei erkannten Fehlern. Achtsamkeit eröffnet Einzelnen und Kollektiven neue Freiheitsspielräume.

Die 72 “Geschichten vom guten Gelingen” - es ist der Hauptteil des Buches werden in sechs Rubriken vorgestellt:

  • Saft und Stoff (Anderer Umgang mit Rohstoffen und Energien)
  • Kaufen, Essen, Trinken (Verantwortungsvolle Produzenten und Konsumenten)
  • Nah und Fern (Verkehr, Transport, Tourismus)
  • Wie ihr Sie (Neue Formen des solidarischen Miteinanders)
  • Spielen und Lernen (Alternative Bildungsprozesse)
  • Weiter und Breiter (Die Kunst des Multiplizierens)

Jede Geschichte wird nach einem einheitlichen Muster dargestellt: Ein, zwei Sätze als Aufhänger; danach die ganze story. Und in deren Text einmontiert ein Kasten mit den Fakten und weiterführenden weblinks.

Schwer ist es, in einer Besprechung eine Auswahl der Geschichten zu treffen und subjektiv ist es allzumal. Hier also je ein Beispiel aus den o.a. Rubriken, die den Blogger beeindruckt haben. Hoffentlich motivieren sie, das ganze Buch zu lesen.

  • “Hitze auf Rädern” (eine Firma transportiert Abwärme in Containern, so daß damit wieder geheizt werden kann)
  • “Jacke wird Hose” ("Wiederbelebung" von Altkleidern)
  • “Mehr Sicherheit durch Risiko” (die niedersächsische Stadt Bohmte montiert aller Verkehrsschilder und Ampeln im Zentrumsbereich ab)
  • “Geschachteltes Geben und Nehmen” (In Giveboxes kann man Kleidung, Schuhe oder Bücher tauschen oder gratis mitnehmen)
  • “Alte Kisten aufmöbeln” (in einem Arbeitslosen-Projekt werden Metallräume aus Containern und Möbel aus Apfelsinenkisten gebaut)
  • “Unternehmer mit Karotten locken” (Die Initiative Carrotmob stürmt Geschäfte und Gaststätten, um sie zu energiersparenden Investitionen zu motivieren)

Nach dem Beispielteil folgt das Kapitel “Referenzrahmen”, wo gezeigt wird, was sich in Bereichen wie Klima, Energie, Ressourcen, Konsum, Lifestyle, Ernährung, Stadtplanung ändern muss. 


Stephan Rammler
Stephan Rammler

Und ein Spezialkapitel “Mobilität”, das nach einer Darstellung der gegenwärtigen Mobilitäts-Probleme (die je länger je mehr eher in Immobilität münden) einen Entwurf für eine neue Mobilität im Jahr 2030 präsentiert und sogar futuristisch bis ins Jahr 2050 extrapoliert. Da wird die/der LeserIn mit ganz neuen Dingen konfrontiert wie: Container-Flöße, virtuelle Mäntel, iViews, floaters, skysails und manch anderes mehr. Ein Glosssar, Register und Literaturverzeichnis runden das Buch ab.

Das Buch ist eine gelungene Kombination von Mut Machen (das tun die 72 Geschichten) und Blick in die Zukunft (mit dem Kapitel “Futurpedia. Die Enzyklopädie von 2030”). Manche Geschichten lesen sich vertraut, andere sind verblüffend und wenig bekannt. Mit dem im Zukunftsalmanach präsentierten Material kann sich niemand mehr herausreden, umweltschonendes, nachhaltiges Kaufen, Fahren, Bauen und andere Tätigkeiten seien zu kompliziert oder nicht wirtschaftlich genug. Das Buch zeigt genügend Wege nach Futurzwei (wie es die Herausgeber nennen). Gehen müssen wir sie freilich selber, auch wenn wir mit Widerständen rechnen müssen. Und wer bei diesem Thema dran bleiben will: Auf ihrer Webseite präsentiert Futurzwei. Stiftung für Zukunftsfähigkeit fortlaufend neue mutmachende Geschichten.

Donnerstag

Unsere Kinder

Hier schreibt Günter Dueck über:


  • wie Kinder gerne lernen
  • wie Kinder nicht gerne lernen
  • warum wir ihnen oft das Lernen so schwer machen



SINNRAUM - Daily Dueck Aktuell

Freitag

In Memoriam FTD


Zitat aus der letzten Seite der letzten Ausgabe der FTD - heute, Freitag 7. Dezember 2012

Bildquelle: zeit.de

Entschuldigung, liebe Gesellschafter, dass wir so viele Millionen verbrannt haben. Entschuldigung, liebe Anzeigenkunden, dass wir so kritisch über Eure Unternehmen berichtet haben. Entschuldigung, liebe Pressesprecher, dass wir so oft Euren Formulierungsvorschlägen nicht gefolgt sind. Entschuldigung, liebe Politiker, dass wir Euch so wenig geglaubt haben. Entschuldigung, liebe Kollegen, dass wir Euch so viele Nächte und so viele Wochenenden haben durcharbeiten lassen. Entschuldigung, liebe
Leser, dass dies jetzt die letzten Zeilen der FTD sind. Es tut uns leid. Wir entschuldigen uns vorbehaltlos. Aber: Wenn wir noch einmal von vorn anfangen dürften - wir würden es jederzeit wieder genauso machen.