Dienstag

"Wir sind nicht auf dem Basar" - ein EZB-Banker redet Klarext

In der allgegenwärtigen Euro-Kakofonie, ist es fast belebend, zumindest heilsam, das Interview mit Jürgen Stark in der heutigen SZ zu lesen. Nachfolgend paar textliche Kostproben, wie der EZB-Direktor die Euro-Malaise sieht, die Appetit zum Lesen des ganzen Gesprächs machen sollen:





Stark:
"Wenn ein Land gegen den Stabilitätspakt verstösst, dann muss es ohne weitere politische Verhandlung den Haushalt konsolidieren. Und wenn ein Mitgliedsland über einen längeren Zeitraum hinweg die gemeinsam beschlossene Regel nicht einhält, dann muss das automatisch zu Sanktionen führen".


"Die Probleme müssen an der Wurzel angegangen werden, nämlich bei der zu hohen Staatsverschuldung und bei unzureichenden Strukturreformen." 


"Wir sind nicht dafür da, Staaten zu finanzieren".


"Jeder Staat muss für seine eigenen Schulden haften". 


"Der Vertrag sieht kein Eintreten einzelner Staaten für die Schulden anderer Staaten vor. Es gibt auch keine Garantien einzelner Länder für die Schulden anderer Länder".


"Die EZB hat wiederholt Bedenken (gegen die Aufnahme von Hellas in die Euro-Union, BL) zum Ausdruck gebracht, aber von politischer Seite wurden diese Bedenken weggewischt". 


"Man hat den Stabilitätspakt, der die Schuldenaufnahme begrenzen sollte, bis zur Unkenntlichkeit und bis zur Unwirksamkeit verstümmelt, unter Mitwirkungen der damaligen deutschen und französischen Regierungen". 


Danke Herr Direktor für diese klaren Worte. Also auf gut deutsch: Hellas hätte NIE den Euro bekommen dürfen. Sein Euro-Eintritt war eindeutig eine grob fahrlässige politische Gefälligkeitsentscheidung Athen gegenüber, die wir SteuerzahlerInnen nun alle ausbaden sollen.


Ob Jürgen Starks Klartext den Weg bis zu den Ohren von Merkel, Schäuble und Sarkozy findet? Wenn nicht, werden ihnen die deutschen WählerInnen ihr Urteil auf dem Stimmzettel dokumentieren. 


Wir halten fest: 


"Wir sind nicht dafür da, Staaten zu finanzieren"


"Jeder Staat muss für seine eigenen Schulden haften". 


So einfach ist das laut Stark. 


Und wieso halten sich die PolitikerInnen nicht an diese einfache Wahrheit?

Selten so gelacht: Der beste Videoclip aller Zeiten über die Irland-Pleite



"Next Media Animation TV" hat ein herrliches Comic über den Bankrott Irlands gemacht. Zugegeben: Schwarzer politischer Humor. Aber eine Lachnummer hoch Drei. Wer zu frustriert über die appeasement-statements von Merkel, Schäuble und Co. in den print medien ist: hier kannst du herzhaft lachen. Brauchst keine kruden vokabeln zu lernen wie spreads, bonds, yields. Einfach auf den u.a. link gedrückt und 300 Sekunden Videospass sind dir garantiert - eine Pointe witziger als die andere. Sehr empfehlenswert. Wenn nur das Thema nicht so traurig wäre.


http://www.nma.tv/2010/11/30/ireland-forced-to-take-eu-bailout/

Zum Ersten, Zum Zweiten, Zum Dritten - Euro-Zukünfte gefällig?





Eurointelligence News Briefing von heute wirft auch seinen Hut in den Wahrsager-Ring zum ewig alten, ewig jungen Ringelreihen-Raten: "Wie geht´s mit dem Euro weiter?"

Hier die eurointelligence-Scenarien:

1. den Euro kaputt gehn lassen
2. mutmaßen, es sei ne nur Liquiditätskrise, also so viel Geld wie möglich in den bailout-Topf schmeißen und beten
3. versuchen das Problem durch Schulden-Neuarrangement, EU-Anleihen, eine Fiskal-Union und politische Koordination zu lösen

Merkel mag o.a. Scenario 2 und 3 nicht und isoliert sich dadurch in Europa. Neue Inis sind nicht in Sicht. Also Pattsituation. Was das ist? Guck nach auf der Schachseite im Unbequemen Blog.

Porträt von Jürgen Stark, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank 
Zwischendurch meldet sich EZB-Mitglied Jürgen Stark sich zu Wort: "Jedes Land muss für seine eigenen Schulden selber grade stehen. Wir haben keine Währungskrise sondern eine Krise der Staatsbudget." (SZ von  gestern). Na, hoffentlich haben das seine Kollegen in den PIIGBS-Staaten verstanden.

Und - hat sich der österreichische Kanzler gar verplappert, als er den - offiziell immer noch hochtabuisierten - Satz fallen ließ, dass Spanien sich wohl auch seine Pleite vom EFSF bezahlen lassen muss. Während Saldgado natürlich zum hundertsten mal dagegen deklamiert, dass Spanien selbstverständlich nicht den EFSF bemühen muss. Immer mehr klaffen die offiziellen Verlautbarkeiten und das, was hinter den Kulissen tatsächlich passiert, auseinander.

Und last not least, stellt Lucas Zeise in der FTD von heute lapidar fest: die PIIGS werden nie und nimmer ihre Schulden jemals zurückzahlen können.

Die nächsten Szenen im Trauerspiel "Euro" demnächst hier wieder im Unequemen Blog. 



Thema auch im "Handelsblatt": Das Ende des Euro

In der gestrigen Ausgabe des "Handelblatts" beteiligt sich nun auch Olaf Storbeck am in Mode gekommenen "Das Undenkbare Denken". Er rupft gewaltig an den Federn dieser goldnen Monstergans, die angeblich für die Ewigkeit geplant war, die jetzt immer tiefer in den Strudel der Märkte rutscht und die Schäuble immer noch als tapferes deutsches Schneiderlein um jeden Preis erhalten will. 


Storbeck steht mit seinen Überlegungen nicht allein. Schon längst spekulieren in UK und den USA immer mehr seriöse FinanzanalytikerInnen, dass mit dem Euro über kurz oder lang Schluß sein wird. China und USA gucken nur noch belustigt auf den Kleinkrieg "jeder gegen jeden" in Bruxelles. Selbst Sarkozy hat Merkel schon mit dem Euro-Austritt erpresst, die riesigen Pleitesanierungs-Summen für Hellas locker zu machen. Was danach kommt weiß niemand so recht. Die einen freuen sich auf die Euro-Befreiung. Andere sehen EU-Chaos. 



Den Märkten ist das allerdings alles völlig schnurz piepe. Die sehen die hilflosen Euro-Rettungsaktionen von Schäuble u.a. nur als Bluff, gegen den sie munter weiter spekulieren. Einer wird verlieren beim finalen Show Down nächstes Jahr. Die SteuerzahlerInnen, SparerInnen und HartzIV-BezieherInnen in Deutschland, Frankreich und anderswo bestimmt. 

Wie man den Euro los wird - die Pläne liegen schon auf dem Tisch

Der Economist hat ein klares Szenario entwickelt, wie der Euro zu Ende gehen wird und resümiert: 





Der Wahn von Merkel und Co., dass der Euro nie zu Ende gehen könnte verhindert, dass die PolitikerInnen die drastischen Maßnahmen durchzuführen (z.B. Insolvenzverfahren für die PIIGS), die wirklich nötig sind, damit der Euro überleben kann. Natürlich könnte es sein, dass das Ende des Euro so viel Chaos mit sich bringt, dass es eher ein Fehler ist. Aber in Stresszeiten werden eben Fehler gemacht. Und deshalb denken zu Recht die Märkte und PolitikerInnen über das Undenkbare - zum Teil schon laut - nach.