Dienstag

Die Entmachtung des Euro - Posse oder Trauerspiel?

Ein/e LeserIn des Unbequemen Blog hat dankenswerter den u.a. Blogpost folgendermaßen kommentiert:

"Ich glaube, bei jemandem, der satirisch zugespitzt südemarikanische Nationen als Euro-Kandidaten empfiehlt, dann aber dortige Währungsreformen als Modell für Deutschland anbietet - vielleicht war ja auch das die Satire und das andere ernst gemeint - lohnt es sich wohl nicht, den Zusammenhang von Währungsrisiken und Exportwirtschaft auszubreiten." 


Gerne geht der Unbequeme Blogger auf den von der Kommentatorin angesprochenen Zusammenhang von Währungsrisko und Exportwirtschaft in Stichworten ein:
  • Bis zur Euro-Einführung hatte das Exportland Deutschland nie ein ernsthaftes Währungsrisiko.
  • Ein Blick in die Statistiken zeigt, dass sich kein besonderer Nutzen des Euro für den den Export der Euro-Zonen-Länder nachweisen lässt. Die ostasiatischen Länder haben viel höhere Exportraten als die Euro-Zone!
  • Deutschlands Exportfocussierung auszugleichen braucht frau/man keine Eurowährung. Steigerung der Binnennachfrage genügt.

Wie steigert man die Binnennachfrage? Indem die Berliner politische Kaste den BürgerInnen nicht mit absurd hohen Steuern und Sozialabgaben das Geld aus der Tasche zieht,  sondern ihnen genügend Netto-Löhne und -Renten zum Binnenkonsum lässt und mutigen jungen Startups nicht durch einen abwegigen Berg von Vorschriften und Formalien die Lust zu phantasievollen Firmengründungen mit nachfrageorientierten Produkt- und Serviceangeboten vergällt. 

Also: Merkel, Schäuble und Co. sollen erstmal ihre wirtschaftspolitischen Hausaufgaben machen und das kleine Einmaleins von vernünftiger Wirtschafssteuerung lernen, indem sie vor der eigenen deutschen Tür kehren statt die Eurozone retten zu wollen "koste es was wolle". Hoffentlich "kostet" diese abwegige Durchhalteparole nicht noch immer weiter unser Geld, sondern Schwarzgelb möglichst viele WählerInnenstimmen in 2011. 

Und noch zwei kleine Tips für die/den freundliche/n KommentatorIn: 

Erstens: Besuch mal eines der eindrucksvollen hellenistischen Militärparaden (Alkibiades lässt grüssen), die in Griechenland immer wieder abgehalten werden. Um diese grandiose schimmernde Wehr und Waffen zu verstehen, musst du wissen, dass Griechenland ja von lauter Feindstaaten umgeben ist, ja dass alle Welt nur darauf wartet, das arme kleine Griechenland endlich baldmöglichst militärisch zu überfallen. Da muss man natürlich so hochgerüstet und übermilitarisiert sein. 

Und dann lass dir von einer Wirtschaftsstudentin im 1. Semester an der Uni Athen vorrechnen, wie Griechenland seine Staatsfinanzen locker sanieren könnte, wenn es endlich auf zwei Drittel dieses unnützen militärischen Plunders verzichten und seine Soldaten produktive Tätigkeiten zuführen würde. 

Zweitens: Ab und zu mal ´n Blick in die Alternative zum Handelsblatt, in die FTD werfen, das weitet die Optik und bewahrt vor Langeweile.  
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Der Unbequeme Blogpost auf den sich die/der KommentatorIn bezieht: 


Schluß mit der Nibelungentreue zum Euro

Je mehr sich die Aussichten für das Scheitern des Euro verdichten, umso mantrahafte versuchen uns wirtschaftsanalytische spin doctors einzureden: Wir müssten den Euro retten, koste es wollen. 

Thomas Hankes Appell in dem von mir abonnierten Handelsblatt am 6.1.11, doch um alles in der Welt Vertrauen in diese Währung zu behalten, egal wie deren Schieflage ist, reiht sich in diese Beschwörungsstrategie ein. Allerdings überzeugt er nicht: 

Der Euro war ein doppeltes Fehlprodukt: 

1) Es war eine Schönwetter-Währung. Niemand hatte irgend einen Plan damals bei seiner Einführung, was mal werden würde, wenn Europa - wie jetzt ja ganz offensichtlich - in wirtschaftliche Turbulenzen geraten würde, 

2) Es wurden Staaten zusammengeschirrt, deren Wirtschaften völlig divergierten und die deshalb auch keine unisono Wirtschaftsinteressen hatten. Beides rächt sich jetzt fulminant.

Verschärft wurde diese Mißkonstruktion noch dadurch, dass Griechenland illegal - politisch gewollt aber wirtschaftlich unsinnig - in den Euroraum aufgenommen worden ist: durch massive Statistiklügen, vor denen Paris und Berlin - gegen ausdrückliche Warnungen von WirtschaftswissenschaftlerInnen - absichtlich die Augen verschlossen haben. 

Griechenland ist ein absurd hochgerüstetes und militarisiertes Land, das seine Sanierung bequem ohne den deutschen Steuerzahler betreiben könnte wenn es endlich sein aberwitzig aufgeblähtes Militär abrüsten und seine sinnlose Mega-Armee zum produktiven Arbeiten in die Wirtschaft schicken würde. 

Wenn die PIIGS jetzt so wohlfeil und laut nach sog. "Euro-Solidarität" rufen: Warum waren sie denn zehn Jahre lang im Euroraum uns gegenüber selber so unsolidarisch mit ihren Steuerbetrügereien und einem korrupten Gesellschaftswesen (Griechenland) und horrenden EU-schädigenden Immobilienblasen (Spanien und Irland)? Und warum haben Wirtschaftsanalytiker wie Hanke diese Mißwirtschaften nie klar und mutig demaskiert? Jetzt sollen wir das alles bezahlen? Sieht so die Euro-Transferunion aus?

Besonnene Staatsinsolvenzen und die Wiedereinführung alter Währungen sind keine Schande - beides hat Südamerika vor 30 Jahren gut aus den wirtschaftlichen Katastrophen dortige Länder herausgeführt. Wenn der Drachme wieder in vernünftiger Relation zur DM steht und Hellas nicht auf künstlich hohem Euro-Niveau agiert, bekommt die griechische Wirtschaft wieder gute Wettbewerbsvorteile, die der Euro in Griechenland zur Zeit verhindert. 

Und wenn schon nicht die komplette Beendigung der Eurozone, dann aber wenigstens einen getrennten "Nordeuro" für D, FRA, NL und Lux. und einen "Südeuro" für die Rest-PIIGS und die beiden Nachfolge-Euros dann in einem realistischen Wechselkurs zueinander, nicht politisch künstlich und unrealistisch uniformgetrimmt. 

Vor dem Euro funktionierte Europa prima, es gab keinen Krieg, und jeder bekam den Lebensstil den er wollte - der Grieche halt mehr siesta als der Engländer und die Österreicherin sparsamer als die Polin. Seit dem Euro fing es mit Zwangs-Verteuerung beim Kaufen bei uns an und jetzt sollen wir auch noch für die PIIGS blechen. Der Euro war ein Instrument, damit die Wirtschaftsakteure, speziell in D und F eine weitere intensivere Profitmaximierungsrunde eröffnen konnten. Hier lohnt sich ein Blick in die Analysen von Niklas Luhmann. 

Und wer jetzt moralisch argumentiert, dass wir mit dem Euro die PIIGS unterstützen müssen: Warum dann nicht gleich den Welt-Euro einführen - eine gemeinsame Währung, mit der wir mit Somalia, Indonesien, Chile zwangsweise verbunden werden, Länder, denen es weitaus dreckiger geht als den PIIGS. Ich bin durchaus für Hilfe von Reich nach Arm, mein ganzes Berufsleben drehte sich um diese ethische Transferperspektive, aber nicht mit falschen monetären Instrumenten.

Die Worte "Währungsreform" und "Geldabwertung" sind jetzt nicht länger mehr Begriffe aus der historischen Mottenkiste der 20er Jahre, sonder leider sehr reale Bedrohungen. Und gegen den Zulauf, den nationalpopulistische Parteien bei einer deutschen Währungsreform rechts von der CDU bekommen werden, dagegen ist die jetzige NPD nur eine Marginalie. Über die gesellschaftlichen Verwerfungen in Deutschland, wenn es zum finanziellen crash auch bei uns kommt und die SparerInnen ihre Sparbücher getrost verbrennen können, weil die Euro-Blase geplatzt ist, davon werden dann die späteren Geschichtsbücher schreiben. Die jetzige Euro-Mania ist strukturell-argumentativ das gleiche Mantra, mir der man uns die Renten als "total sicher" verklickern will. Schluß mit dem Euro-Wahn!

Das Multi-Wahljahr 2011 wird zeigen, dass die WählerInnen keine Nibelungentreue zum Euro haben und die Finanzmärkte werden ihrerseits die sog. "Rettungs"pakete, die immer eilfertiger in Bruxelles und Frankfurt geschnürt werden, als das entlarven was sie sind: Ein Bluff. Gut so!

Nach den PIGS: Belgien


Zum ersten Mal panickten gestern die Investoren ernstlich über Belgien, dessen Regierungskrise sich schon seit vielen Monaten dahinschleppt. Die spreads für Belgien waren gestern höher als jemals zuvor. Die Situation für Belgien wird noch bedrohlicher eingeschätzt als die für Spanien, weil sich die Investoren in Spanien schon preislich auf die Zunahme des Kreditrisikos dort eingestellt haben, aber in Belgien noch nicht. Falls Belgien bankrott geht, sind die politischen Hürden für eine Intervention der Eurogruppe ungleich höher als bei Spanien. 
(Referenz: Heutiges Eurointelligence News Briefing)