Montag

Afghanistan: Wer nicht weiß, warum er Krieg führt, soll am besten sofort damit aufhören




IHT 2 August 2010, p.7
Der Afghanistan-Krieg beschäftigt Star-Kolumnist Thomas Friedman mächtig. Am 24. Juni und gestern am 2. August denkt er intensiv darüber nach, was eigentlich für die USA in Afghanistan schiefläuft. Und was dabei herauskommt, ist nicht einfach der x-te Kommentar nach 100 anderen schon geschriebenen, die das Bild eines militärischen Abenteuers ohne Sinn und Versand komplettieren.





Nein, Friedman, wie sollte es bei ihm auch anders sein, bringt die ganze amerikanische  Afghanistan-Katastrophe nochmal brillant pointiert auf den Punkt.





Dazu muss frau/man gar nicht die beiden Kommentare Friedmans im Wortlaut und Urtext durchkauen. Hier schnell die highlights:





Die US sind in einem Krieg, in dem der einzige Beteiligte, der klare Kriegsziele hat, dessen Argumentation überzeugend ist und der nie kriegsmüde wird, die Taliban sind.









Drei Fragen, sagt Friedman, sollte sich Obama stellen. Sie sind kindlich-einfach:









  1. Warum müssen eigentlich die US überhaupt die afghanische Armee trainieren? Antwort: Das können die Einheimischen eindeutig viel besser selber.

  2. Wie können die US das Ziel, in Kabul eine vertrauenserweckende Regierung zu etablieren, erreichen, wenn Karzai eindeutig die Wahlen gefälscht hat und die US davor die Augen verschließen? Antwort: Gar nicht.

  3. Was "gewinnen" die US eigentlich, wenn sie den Krieg in Afghanistan tatsächlich "gewinnen" würden? Antwort: Gar nichts, denn Al Queda sitzt längst in Pakistan bzw. im Herzen von Tausenden von Moslems von San Francisco bis London, alle durchs virtuelle Afghanistan, sprich: Internet, miteinander verbunden.









Also schlußfolgert Friedman: 

Wenn die US schon nicht die allereinfachsten kindlichsten Fragen zu diesem Krieg beantworten können, muß man leider konstatieren: Sie blicken nicht mehr durch, und die einzige wahre Alternative ist nicht mehr zwischen Sieg oder Niederlage, sondern nur noch zwischen früherer oder späterer Niederlage. (BL: Wo hatten wir das schon mal? Richtig: In Vietnam).









Aber Friedman blickt auch über den aktuellen Krieg hinaus, indem er sarkastisch feststellt: China unterstützt Pakistan, verschafft sich die Ausbeutungsrechte für die Bodenschätze in Afghanistan, lässt die US Afghanistan sicher machen für die Arbeit chinesischer Firmen in Afghanistan, und die chinesischen Militärs freuen sich sowieso über die militärische Niederlage der US in Afghanistan.









Bleibt dem Blogger nur die kleine deutsche Fußnote: Herr Guttenberg, können Sie nicht dem amerikanischen Präsidenten diesmal mit gutem Vorbild vorangehen und das deutsche Militär noch vor den US aus Afghanistan abziehen? Vielleicht motiviert ja ein solcher Schritt des treuen deutschen Nato-Bundesgenossen den großen amerikanischen Bruder, dann einfach nachzuziehen und: They bring the boys home. Endlich!

Ein deutscher grüner Bürgermeister lernt das Sparen von Maywood in California

Geht Lernen so schnell? Nur 4 (!) Tage. nachdem ich in meinem Blog über die Abschaffung der Stadtverwaltung in Maywood (California) berichtet habe, lese ich heute beeindruckt den erste Artikel in der FTD vom 2.8.10 (S.11.) über "Kommunale Überlebenskünstler" in Deutschland.





Der grüne Bürgermeister von Freiburg hat offenbar einen erfolgreichen crashkurs bei der Bürgermeisterin in Maywood gemacht: In den letzten drei Jahren hat seine Stadt mehr als 50 Mio. Schulden getilgt und keine neuen Kredite mehr aufgenommen. Es war eine steile Lernkurve für Dieter Salomon: Die erste Liste seiner Ausgabenreduzierungen ging gleich den Bach herunter: Die BürgerInnen verweigerten sich Salomon, Schwimmbäder zu schließen oder die städtische Wohnungsbaugesellschaft zu verkaufen.





Also kürzte Salomon (Maywood lässt grüssen!) "bei sich selber": Im Laufe der Jahre sparte Freiburg über 300 Verwaltungsstellen ein und damit 200 Mio. Euro. Die freiwilligen Zuschüsse der Stadt im Sozial- und Kulturbereich wurden pauschal um 10 Prozent verringert, was 2 Mio. Euro Einsparungen und jede Woche Demonstrationen von allen Interessensgruppen in Freiburg mit sich brachte. Aber Salomon und die CDU im Freiburger Gemeinderat hielten zusammen und blieben bei ihrem harten Sparkurs.





Auch die Freiburger Verkehrs AG müssen bis 2013 zehn Prozent ihrer Betriebs-Ausgaben einsparen, aber wohlgemerkt: alle Einsparungen ohne Abstriche beim Fahrangebot! Den MitarbeiterInnen wurden fünf freie Tage gestrichen, und heute gehört die VAG zu den wirtschaftlichsten Verkehrsbetrieben Deutschlands.





Salomon kappte aber auch grüne ideologische Lieblingszöpfe: Der zeitweilig eingeführte sog. "Bürgerhauhalt" entpuppte sich schnell als viel zu aufwändig, teuer und überflüssig (Salomon: nur eine Bühne für die Funktionäre und Lobbyisten aus der Kultur- und Sozialszene....) Seine schnelle Wieder-Abschaffung erbrachte gleich wieder eine halbe Million Euro Einsparung.





Fazit:

Auch grüne Kommunalpolitiker können bemerkenswerte Realisten sein, wenn sie nicht ideologisch verbohrt sind, sondern sich unverstellten Blicks phantasievoll und ohne Angst vor kommunalen Tabus und städtischen Lobbygruppen den kommunalen Sparzwänge stellen.





Auf die weiteren Präsentationen kommunaler Sparwerkstätten in der FTD diese Woche bin ich gespannt:





Dienstag: Wolfsburg

Mittwoch: Rednitzenbach

Donnerstag: Pirna

Freitag: Flensburg.





Maywood, wir danken dir. Deine Botschaft kommt nun endlich auch in Deutschland an.

Afghanistan-Krieg du Ungeheuer - nicht nur tödlich, auch noch teuer

Nicholas Kristof, der unerschrockene unermüdliche Kämpfer für Frieden und Gerechtigkeit ohne Militär hat auf S. 7 in der IHT vom 30.7.10 wieder mal den Kosten-Irrsinn des Afghanistankriegs für die US fantastisch statistisch-präzise auf den Begriff gebracht:





linkezeitung.de
Der Krieg in Afghanistan kostet für die US mehr als der Unabhängigkeitskrieg, der Krieg von 1812, der mexikanisch-US Krieg, der nordamerikanische Unabhängikeitskrieg und der Spanisch-US Krieg zusammen addiert.


Der sog. Krieg gegen den Terror (inklusive der gegen Irak und in Afghanistan) ist nach dem 2.Weltkrieg der teuerste Krieg, den die US je geführt haben.


Der sogenannte "Friedens(sic!)-Nobelpreisträger" Obama gibt 6% mehr Militärausgaben aus als sein Vorgänger Bush und hat die US-Truppen in Afghanistan seit Amtsbeginn verdreifacht! 


Unter Obama geben die US mehr fürs Militär aus als im Kalten Krieg, im Vietnam-Krieg und im Korea-Krieg. 


Die Flotte der US-Schlachtschiffe ist die Nummer Eins in der Welt und umfasst eine grössere Zahl an Schlachtschiffen als die aller Militärmarinen von Nr. 2 bis Nr.13 auf der weltweiten Marine-Tabelle zusammen. 


Aber gleichzeitig sind die US vom Rang 1 der Welt-Tabelle aller Länder mit StudentInnen mit College-Abschluß, den sie lange Zeit innehatten, auf nur noch Rang 13 zurückgefallen.


Die US-Focussierung aufs Militär zu Lasten von Erziehung ist fatal:
Statt einen Soldaten für ein Jahr in Afghanistan zu stationieren könnten die US in Afghanistan 20 neue Schulen bauen.


Eine abgefeuerte Cruise Missile kostet den Gegenwert des Aufbaus von 11 neuen Schulen in Afghanistan.


Und wenn jemand kontert: Schulerziehung ohne Militär sei in Afghanistan unmöglich, dann geht das auch an der Realität vorbei: CARE, eine humanitäre NGO unterhält 300 Schulen in Afghanistan, ohne dass eine davon von den Taliban zerstört worden ist. Internationale Hilfsorganisationen beweisen mit ihrer Aufbau- und Erziehungshilfe in Afghanistan sehr deutlich, dass man in Afghanistan sehr wohl Schulen unterhalten kann, wenn man sich mit den dortigen Dorfältesten berät und sie für solche Projekte gewinnt.


Sogar US-Militärminister Gates hat es satt, von der US-Generalität und den Militär-Lobbyisten im US-Congress immer nur "Mehr, Mehr, Mehr" (Militärausgaben) zu hören. Lakonisch wies er neulich darauf hin, dass die US mehr Soldaten unter Waffen hat als Diplomaten im  US-Außenministerium. Und Gates legte sogar ironisch noch nach: "Ist es wirklich eine schreckliche Bedrohung für die US-Sicherheit, wenn die USA im Jahr 2020 nur zwanzig mal mehr Stealth Fighter Militärflugzeuge haben als China??"


Und trotz alles kostspieligen militärischen Engangements der US lässt sich damit keinesfalls Loyalität erkaufen. Bester Beweis: das Scheitern der US-Militärhilfe für Pakistan. Und nicht zufällig ist Bangladesh friedlicher als Pakistan, Oman weniger bedrohlich als Yemen. 


Friedennobelpreisträger Obama hat in seinem Wahlkampf umfangreiche Investitionen in einen internationalen Erziehungfonds zu investieren. Daran will sich offenbar nicht mehr erinnern. Lieber investiert er alle 5 Wochen !) einen Betrag in den Afghanistan-Krieg, der so groß ist, das mit ihm jedes Kind dieser Erde eine Grundschulerziehung erhalten könnte!


Im nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg wurden - umgerechnet - 2.4 Milliarden USD investiert, soviel wie die US nun alle 9 Tage in ihren Afghanistan-Krieg investieren. 


Danke, Nicholas, dass du uns wieder mal die Augen für den finanziellen Irrsinn des Kriegs in Afghanistan geöffnet hast und hoffentlich hört nicht nur Obama sondern auch Guttenberg deine Frage:


Ist es nicht endlich Zeit, unsere Prioritäten neu zu setzen?