Dienstag

Banker im Stress?

Nicht wirklich, möchte ich meinen. Ein Banker ist doch nur im Stress, wenn er Angst um seine Boni haben muss oder wenn sein Privatvermögen wegen irgendwelcher undurchschaubarer Wechselkurs-Schwankungen mal 0,00237 % weniger Zinsen abwirft - immer noch sicher ein höherer Betrag als manche Rentnerin im Jahr ausbezahlt bekommt. 





Banken geraten in Stress, wenn ans Tageslicht kommt, dass sich ihre Vorstände verzockt haben, weil sie wegen ihrer Profitgier in bedenkliche Derivate, Immobilienspekulationen oder in wackelige Anleihen der PIGS Staaten investiert haben. 



Aber mit solchem Wildwest-Verhalten soll nach Vorstellung der Bundesregierung jetzt Schluß sein. Die Heuschrecken, wie der legendäre Münte weiland sie bezeichnet hat, sollen die Hosen runterlassen und ganz offen zeigen, wie es um sie bestellt ist. 



"Stresstest" heisst das Zauberwort und der Test sieht folgende drei Szenarien vor: 



1) Wie entwickelt sich normalerweise das Eigenkapital der Bank?



2) Was passiert in der Bank bei einem Konjunktureinbruch von drei Prozent?



3) Was ist in der Bank los, wenn es wieder mal den GAU am europäischen Staatsanleihenmarkt gibt, wie der Crash Anfang Mai 2010?









Eigentlich ganz vernünftig und vorsorglich denkt sich der naive Zeitgenosse, wenn sie das liest. Warum nur der unerhörte Aufstand gegen solch eine Prüfung, wie sie in den USA nach den dortigen massiven Immobilienpleiten ohne großen Banken-Widerstand und nach weitaus härteren Kriterien als beim deutschen Bankenstresstest ein- und durchgeführt worden ist? 



Einfache Antwort: Weil es für deutsche Banken offenbar unerhört ist und eine Beleidigung, sich in die Bilanzkarten gucken zu lassen, noch dazu auf staatlichem Befehl.



Seitdem also Merkel den Stresstest durchgesetzt hat, hört man nur noch Ach und Weh auf den Topetagen der Bankhäuser in Frankfurt. 



"Das nützt nur der Konkurrenz" liest man (also ob die Konkurrenz bei den Banken aufhören solle, oder muß man ein Bankenoligopol in Deutschland vermuten?). 



"Das ist viel zu viel Arbeit" sagen die anderen - wofür werden aber denn die internen Bank-Analytiker mit ihren Top Gehältern eigentlich bezahlt, wenn sie noch nicht mal ihre Hausaufgaben machen und nicht das leisten können, was jeder ehrbare Kaufman oder sorgsam rechnende Familie auch ohne staatliche Stresstestaufforderung täglich tut: Nämlich zu überlegen, wie man sich am besten auf ungünstige wirtschaftliche Entwicklungen einzustellen hat. 



"Das Bankengeheimnis ist in Gefahr" - auch so ein wohlfeiles Argument was man gegen den Stresstest hört. Da frage ich mich doch: Was ist die grössere Gefahr - das Kippen des Bankengeheimnisses oder das Kippen unseres Wirtschaftssystems weil die Banken sich nicht in die Karten gucken und den Teststress verweigern? 



 Egal, am 23. Juli wissen wir mehr bzw. halt so viel "mehr", wie die leider am Ende doch arg weichgespülten Stresstest-Indikatoren es uns sagen werden. Danke Angela, dass du wenigstens an diesem Punkt mal als Kanzlerin den Bankbossen zeigst, was ne Harke ist. 



Sonst - Niklas Luhmann lässt grüssen - ist ja was die angebliche Staats"kontrolle" gegenüber der Wirtschaft betrifft vom Kanzleramt nicht viel zu erwarten bzw. - aus Sicht der Banken - auch nicht zu befürchten. 



Der ergebnislose G 20 Gipfel neulich hat es ja wieder bewiesen: Ohne Spesen nix gewesen - außer zusammen auf der Leinwand Fußball-WM gucken. 



Bildnachweise: 

Oben: Handelsblatt, 8.7.10

Mitte: FTD 9.7. 10, S. 16

unten: FTD 6.7.10, S. 16