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Das Irische Steuerparadies - wo es Firmen richtig gut geht

Quelle: Süddeutsche Zeitung

Ein Journalist in Afghanistan - ratlos aber scharfsinnig



Produkt-Information

Rezension von:
Ulrich Ladurner. Eine Nacht in Kabul. Unterwegs in eine fremde Vergangenheit. 256 Seiten. 21.90 Euro. Residenz Verlag 2010.

Ulrich Ladurner, ausgewiesener, kenntnisreicher Auslandsredakteur für die ZEIT nimmt uns mit zu seinen Reisen ins Kriegsland Afghanistan. Eine Kombination von 1st hand-Beobachtungen und Reflexionen historischer, politischer und soziologischer Art. Ladurner versteht es in eindrucksvoller Weise, der/m LeserIn Afghanistan sinnlich anschaubar werden zu lassen: sein Hitze, seine Grausamkeit, sein Sich Entziehen voreiliger analytischer Schablonen. Er scheut sich nicht, uns in langen Kapitel mit der afghanischen Geschichte vertraut werden zu lassen.  Manchmal allerdings wirkt das auf die Leserin auch verwirrend. Vielleicht ist es aber eine gewollte Verwirrung des Autors, dieses Schweben im schreibenden Duktus, der - absichtlich? - sich nicht entscheiden will oder kann? ob das nun ein Kriegstagebuch ist, ein Art Lonely Planet Reiseführer oder eine politologische Analyse ist.

Wer diese Kombination - KritikerInnen werden vielleicht einwenden: Mischmasch - gut tolerieren kann, wird mit dem Buch zufrieden sein. Sie muss sich allerdings auch auf sprunghaften Stil einlassen. Manchmal fragt man sich tatsächlich: Was will der Autor eigentlich mit diesem Buch? Wer - wie der Blogger - sein Berufsleben mehr als ein Jahrzehnt auf den Nachkriegsbalkan focussiert hat, kann sich gut mit vielen Stationen Ladurners identifizieren: die Hilflosigkeit der NGOs, die Anonymität militärischer Großmaschinerien, die Unwirklichkeit eines Lebens zwischen zukunftsloser Realität vor Ort und der Sicherheit eines europäischen Passes.

Schön, dass Ladurner auch politischen Klartext redet: gegen den zur humanen Intervention verklärten Angriffskrieg des Westens gegen Serbien und gegen das Rechtfertigungs-Mantra der NATO für ihren Krieg in Afghanistan, das Peter Struck so meisterhaft zusammengefasst hat, am Hindukusch würde angeblich die Freiheit Deutschlands verteidigt. Ähnlich beeindruckend kritisch Ladurners gespenstische Präsentation der namenlosen, anonymen Drohnen-Tötungsmaschinerie der Nato.

Ladurners haften bleibender Satz über Afghanistan: "Die  Briten, die Sowjets, die Amerikaner die Europäer schlugen ihren Wanderzirkus auf" erinnert mich, was einer meiner NGO-buddies mir achselzuckend mal sagte, als wir an der Sinnhaftigkeit unserer Vor Ort Präsenz in Bosnien zweifelten: "Ach Burkhard, die humanitäre Karawane zieht einfach weiter, heute Sarajewo, morgen Sudan, nächsten Monat Kolumbien". Einem weniger lokalversierten Autor hätte man das Klischee vom Wanderzirkus vielleicht nicht so ohne weiteres durchgehen lassen, aber hier passt es und wird fundiert eingesetzt.

Ziemlich am Ende des Buches steht ein Satz Ladurners, der auch der Schlußsatz hätte sein können: "Afghanistan war ein schwarzes Loch, in dem alles verschwinden konnte, alte und neue Weltmächte".

Eindrucksvolle Fotos des Autors ergänzend in guter Weise dieses nachdenklich machende Buch.

Irland - die Anleger verlassen das sinkende Schiff




Die Allied Irish Banks hat nach eigenen Angaben im letzten halben Jahr circa 13 Milliarden Euro an Einlagen verloren. Angesicht der bedrohlichen Lage der irischen Staatsfinanzen und des katastrophalen irischen Bankensektors flüchten die Institutionen und Geschäftskunden massenhaft. Wahrscheinlich muss deshalb die irische Regierung alle Aktien von Allied Irish Banks aufkaufen und ihren Staatsanteil dadurch dann auf über 90 Prozent steigern, eine faktische Enteignung. Bei der Bank of Ireland haben Firmenkunden seit August schon zehn Milliarden Euro abgezogen haben. Die Rettung der irischen Banken  treibt die staatliche Neuverschuldung Irlands in diesem Jahr auf 32 Prozent der Wirtschaftsleistung - mehr als zehn mal so viel wie von der EU erlaubt. Falls am Ende der jetzigen Rettungsgespräche zum Bankrott Irlands entschieden wird, dass Irland für längere Zeit aus dem Anleihenmarkt herausgehalten werden muss, wird der entsprechende Sanierungsbedarf um die 100 Milliarden Euro betragen. 
(Blogpost basierend auf "Spiegel online")