Samstag

Händel-Sonate im Studio

Wohlmeinende BlogleserInnen haben den Blogger gefragt, ob er statt so oft auf die PIIGS zu blicken, nicht wenigstens hin und wieder auch mal was Schönes, Erfreuliches bloggen könne. Der Frage will er sich nicht verschließen. 



Da trifft es sich gut, dass ich als Flötist letzten Mittwoch mal wieder zum allwöchentlichen Musiktraining mit meinem Pianistenfreund zusammen war. Im Sommer werden es fünf Jahre sein, dass wir beide jede Woche mit Elan und Fleiß ("gesunder Amateurehrgeiz" nennen wir das) das barocke Flöte und B.c. Spektrum durcharbeiten. 


Vergangenen Herbst hatten wir einen leichten Motivations-Durchhänger. Wie gut, dass mein Partner mich mit der Ankündigung empfing, er wolle sich einen digitalen Musicrecorder kaufen mit dem Ziel - das war wirklich eine echte Überraschung - dass wir unsere erste CD brennen wollen. 




Bei unserer Suche nach einer geeigneten Komposition fiel unsere Entscheidung auf die schöne erste sog. Fitzwilliam-Sonate von Händel. Zwar  wird die Zahl flötenspielender LeserInnen des Unbequemen Blogs nicht sehr prominent sein, aber unter 10.000+, die hier reingucken, vielleicht doch der eine oder die andere. 


Voila, hier ein paar Überlegungen zur Aufführungspraxis. Wenn wir unsere CD gebrannt haben, wird es eine Post-Ankündigung im Unbequemen Blog geben.







Händel Fitzwilliam Sonate I (B-Dur)


1. Satz (Courante)
Die altfranzösische Courante war ein mäßig schneller Gesellschaftstanz, meist im 6/4-Takt. Um 1600 fand in Frankreich eine musikalische Aufbereitung des Tanzes statt (besondere Kennzeichen: Auftakt und Punktierung).


Die Courant der Händel-Sonate beginnt in den Takten 1-11 sehr fröhlich, beschwingt, heiter und geht danach in einen Dolce-Teil über. 


In Takt 11 und den späteren Parallelstellen darf Flötist darf keinefalls Triolen spielen.


Eine Herausforderung für jedes Zusammenspiel sind Ritardandi. Flötist und Cembalist müssen beide exakt zum gleichen Zeitpunkt mit dem Ritardando beginnen und danach das Ritardando-Profil völlig synchron gestalten. Mein Vorschlag: Das Ritardando beginnt in diesem Satz in Takt 42 nach dem punktierten tiefen F der Flöte.


2. Satz (Adagio)
Ein Satz im französischen Stil, also überscharf punktieren. In Takt 3-5 spielt die Flöte dann aber wieder dolce. Das hohe G der Flöte in Takt 6 hat Fermaten-Charakter, danach beginnt eine neue Phrase. Das Ritardando in diesem Satz könnte in Takt 10 beginnen, z.B. beim zweiten D der Flöte.


Wie ernst man das “Attaca” zwischen 2. und 3.Satz nehmen soll, ist ad hoc zu prüfen. Ein kleiner Abstand zum 3.Satz ist m.E. für die ZuhörerInnen angenehm.


3. Satz - Allegro
Eine fröhliche schnelle Gigue


In Takt 9 (und den Parallelstellen): darf der Flötist wiederum keinesfalls Triolen spielen.


In den Takten 13/14 und der Parallelstelle Takte 33/34 scheinen mir 4x Mordente hintereinander übertrieben, besser nur jede zweite Note verzieren. 


Das Ritardando im 2.Teil des 3. Satzes sollte erst im letzten Takt (35) einsetzen.

Kleines Euro-Strudel-ABC: PIGS - PIIGS - PIIGFS - PIIGFNLS

Auf meine Kritik am Konstruktionsfehler des Euro, eine einheitliche Währung ganz unterschiedlichen Volkswirtschaften aufzuzwingen, hat ein Leser entgegnet, dass der US Dollar zum Beispiel auch in Ecuador gültig sei. Formell stimmt das, aber die US kommen natürlich nie auf die Idee - wie jetzt bei den Pleitesanierungen der PIIGS - Ecuador deshalb zu sanieren, nur weil in Ecuador mit US Dollars bezahlt wird.


Ein anderer überlegt, ob er die jetzt so schön rentierenden irischen Anleihen kaufen soll. Na ja, in der Zeit bis zum Rückzahljahr 2020 kann allerhand passieren, auch Unerfreuliches für den Anleger.


Und wen der schwindelerregende Umfang des EFSF beruhigt: Der EFSF kann natürlich nie diesen Billionenpapierbetrag real ausgeben, viel früher würde sein AAA rating rasch in den Keller fallen. Und genau das wissen die Anleger, und deshalb wetten sie auf die Enttarnung des - Egal-was-kommt-wir-zahlen-Bluffs.

In der Financial Times stand letzte Woche, dass Analysten und Händler schon über die PIIGS hinausgucken... und fragen, wann Frankreich und die Niederlande, zum Schluß dann auch Deutschland, in den Euro-Abwärtstrudel geraten. Zum ersten Mal werden jedenfalls nun auch Deutschland-Anleihen in bemerkenswertem Umfang abgestoßen.

Die nächste Pokerrunde zwischen Bruxelles und den Märkten kommt bestimmt. Das Portemanai des Bloggers hofft, dass alles vielleicht doch noch gut ausgeht, aber sein Intellekt fürchtet den Kollaps.

Wow - über 10.000 mal wird der "Unbequeme Blog" gelesen

Über die ständigen Blogposts zu den PIIGS-Pleiten und der Euro-Krise hat der Blogger fast die Blog-Statistik vergessen. Aber heute - am Samstag erscheint die Financial Times nicht... - war mal ne ruhige Minute um das nachzuholen: 


Der Zeiger stand gestern abend auf exakt 10.081 Aufrufen. 


Danke für alles Interesse. Danke für gute Kommentare, gerade auch für kritische und kontroverse Rückmeldungen. Und Dank für immer gute Hinweise der LeserInnen auf neue Themen und gute "unbequeme" Quellen. 


Der Blogger bleibt am Ball. Material für die nächsten Posts liegt schon textbereit in der Schreibtischschublade:


  • Stresstest für Spanien - wie die Märkte auf das nächste PIIGS zielen 
  • Bericht aus dem Barockmusik-Studio
  • Rezensionen von "Smile or Die", "Reclaim the State", "Not for Profit - why Democracy Needs the Humanities"
  • Ein Blick in den Abgrund des grünen irischen Filz
  • Thinking the Unthinkable - was kommt nach dem Euro?



Stay tuned!

Umschuldung der PIIGS - na und?


In der Eurokrisen-Diskussion scheint die Umschuldung der pleitebedrohten Länder an der europäischen Peripherie ein Tabu zu sein. Warum eigentlich? Sei 1950 hat es international über 400 Umschuldungen für mehr als 80 verschiedene Staaten gegeben, mit gutem Erfolg. 


Die Umschuldungsmodelle reichen vom Haircut, Verlängerung der Schuldenrückzahlungs-Fristen bis hin zur Ermässigung oder vorübergehenden Aussetzung von Zinszahlungen. 


Unverständlich, warum diese ganz normale Methode, mit staatlichen Pleiten vernünftig umzugehen für die PIIGS tabuisiert wird. Macht die PolitikerInnen die Euro-Ideologie blind, wirtschaftlich rational zu handeln?